Cornelias 'Bulldog Blog' ...
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English Bulldog Netzwerk für Kenner und Freunde

Archiv: Otti Heermann

Vor, im und nach dem 2. Weltkrieg


Archiv: Unbekannte Autoren aus dem vorigen Jahrhundert - siehe weiter unten

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Dienstag, März 12, 2013

Otti Heermann stellt uns

ihr "Erdschwein Ingo" vor


Otti Heermann war Bulldogzüchterin und Richterin in der Vorkriegszeit, sie rettete ihre Bulldogs unter großem persönlichen Einsatz über den Krieg, danach war sie die die Vorsitzende des "Club für Englische Bulldogs". Sie schrieb wunderbare Geschichten über ihre Bulldogs, wovon Sie einige über die bloginterne Suchmaschine (oben in der rechten Referenzspalte) finden können. Nun zu ihrem "Erdschwein Ingo":

"Ingo von Thüringerland, weiss mit gestromten Platten. Nein, bei Ingo ist weiss geprahlt, er ist niemals weiss, auch nicht eine halbe Stunde nach dem Baden.

Verächtlich gegenüber meinen Sauberkeits-Anwandlungen stürzt er sofort hinaus in den Garten und "paniert" sich. Er liebt den Erdgeruch mehr als den Duft der teuren Badeseife. Die böse Welt, wozu auch meine Besucher gehören, nennen Ingo ein Erdschwein.

Seine breiten, nach aussen gerichteten Pfoten, sogenannte Grabschaufeln, erleichtern ihm im Garten seine Tätigkeit ins Erdinnere! Auf und unter der Erde findet er alles!

Soweit Erfolg ahnend, arbeitet er Tag und Nacht. Dann frisst, trinkt und schläft er nicht, wenn er auf Horchposten steht, um Mäuse, Ratten und Katzen aufzustöbern. Erlegtes Wild bringt er in die Wohnräume.

Ein Arbeitsmann kann nicht sauber sein, Ingo legt mehr Wert auf Leistung als auf persönliche Schönheit.

Wo er im Garten gearbeitet hat, sind tiefe Löcher und Gänge, wo er in den Wohnräumen war, sind gewichtige Spuren seiner groben Arbeitspfoten.

Schlimm ist es, dass zu seinem jagdbaren Wild auch Malergesellen, Fahrräder, Handwagen, rote Kleiderträger jeden Alters und Kindertrompeten gehören. Ihm bedeutet Jagd unbedingte Ausrottung!"

Am Rande vermerkt: Gartenwerkzeug "british made" gibt es auch zu kaufen. Wir haben die abgebildete Schaufel, wirklich robust wie ein Bulldog!


Samstag, November 10, 2012

Haben Sie vor Ihren Bulldog abzurichten?


Otti Heermann hat es versucht. Sie berichtet (etwa 1932):

Wie gerne reiste er zu Ausstellungen, wie gut zeigte er sich, er hatte die Ruhe und Abgeklärtheit eines Oftgereisten. Ganz selbstverständlich holte er sich zehnmal sein "Vorzüglich I". Lieb und freundlich rollte er daher, mit den Menschen und der Welt zufrieden.

Nur bei Schießen, Feuerwerksknall und Fehlzündungsgeräuschen verwandelte er sich in einen unerschrockenen Angreifer. Weil mir Bull zu wenig scharf war, machte ich die Dummheit und wollte ihn abrichten lassen.

Herr Hellwig vom Schäferhundverein bestellte mich zum Abrichteplatz. Die Schäferhunde hatten nichts einzuwenden, sie staunten wohl den seltsamen Gast an, blieben aber ruhig neben ihren Herren und Führern stehen oder liegen. Ich stellte mich mit in die Reihe.

Was war ich so blöd - mit dem Erscheinen des Hetzmannes und der Abfeuerung eines Schusses ging mein Bull blitzartig durch und hing dem Hetzmann am Ärmel.

Ich war ja gar nicht fähig, wie die Schäferhund Besitzer, meinen Hund zu halten. Es wurde ein greuliches Durcheinander. Gottlob hielten die Schäferhunde Disziplin.

Es ging alles sehr schnell, der Ärmel des Hetzmannes lag auf dem Dressurplatz, der gehetzte Hetzmann hatte sich in ein gewisses kleines Bretterhäuschen geflüchtet und schrie mich durch die Tür an, daß ich sofort mit dem Mistköter nach Hause gehen sollte.

Die Schäferhund Besitzer machten mir bedrohliche Augen und Handbewegungen, und ihre Hunde geiferten mich an. Sehr schnell suchte ich mit Bull das Weite.

Einen Dressurplatz habe ich nie wieder besucht - nicht mit einem Bulldog !!


Dienstag, Juni 19, 2012

Bulldog-Führungspersönlichkeiten


Otti Heermann berichtet hier über ihren Blackman und die Probleme, die die Nazis ihr im 2. Weltkrieg wegen ihrer Englischen Bulldogs machten. Sie war die "Grande Dame" der Bulldogzucht in Deutschland von den 30ger bis zu den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. In diesem Blog können Sie viele Berichte von ihr - und über sie - lesen.

Otti Heermanns Geschichte über ihren Blackman:

Wir hatten ein großes steinernes Becken in unserem Garten, es war ein Springbrunnen gewesen und lag zu ebener Erde. Von Wasser keine Spur mehr.

Dort hinein trieb Blackman jeden Morgen seine ganzen Wurfgeschwister, und wer sich sträubte, der wurde einfach über den Rand gerollt. Dann wurden alle hintereinander auf den Rücken gewälzt, und Blackman leckte alle von oben bis unten ab. Tat er es, weil seine Mutter Anita so "etepetete" war, und sie keine Reinlichkeitsbestrebungen ihren Kinden gegenüber zeigte? Ich ließ ihn gewähren, war er doch der geborene Führer seiner Schar. Alle gehorchten ihm.

Er wurde ein Draufgänger - zum Fürchten. Das war der Hund, der dem neuen Briefträger die Hose abriß und der arme Mann plötzlich im ganz kleinen Dienstanzug, im Hinblick auf die Hose, vor mir stand.

Blackman brachte mich vor den damaligen Ortsgruppenleiter, hatte er doch in meiner Abwesenheit durch Zerren an den Schnüren alle Schnapprollos in unserer Wohnung hochgehen lassen. In mehreren Räumen hatte ich absichtlich die Deckenbeleuchtung brennen lassen, man war mit der Zeit ängstlich, wollte Anwesenheit vortäuschen. In meiner Vorladung hieß es: "...Ihre Wohnräume hell erleuchtet wie ein Ballsaal zur Zeit streng angeordneter Verdunklungszeiten ... Durchkreuzung wehrmachtswichtiger Maßnahmen... usw.

Bei meiner Vernehmung habe ich wirklich mit den Zähnen, den echten und den falschen, geklappert, denn meiner Auslandsrasse, den Englischen Bulldogs, war man überhaupt nicht wohl gesinnt. Immer wieder hörte ich, daß ein würdiger Deutscher keine englischen Hunde züchten und halten sollte. Ich habe vor Angst gezittert, daß man mir die Englischen Bulldogs gewaltsam nehmen könnte, hatten sie doch auch die Standarten auf der Straße angebellt und giftig angebrüllt. Weil es englische Hunde waren, handelte es sich um ein verschäftes Delikt.


Freitag, März 9, 2012

Otti Heermann:

BULLDOG PERSÖNLICHKEITEN


Otti Heermann war Bulldogzüchterin und Richterin in der Vorkriegszeit, sie rettete ihre Bulldogs unter großem persönlichen Einsatz über den Krieg, danach war sie die die Vorsitzende des "Club für Englische Bulldogs". Sie schrieb wunderbare Geschichten über ihre Bulldogs, wovon Sie einige über die bloginterne Suchmaschine finden können. Heute bringe ich ihren Bericht, was sich nach der täglichen Spielstunde bei ihr abgespielt hat:

Siegestrunken rasen die Helden zurÜck zur Veranda, und wenn sie es eben erreichen können, durch alle Zimmer. Einige "steppen" wie echte Amerikaner, obwohl sie Engländer oder Iren sind. Dann legen sich die Meister der Bewegungskunst dorthin, wo es ihnen passt.

Meine Meinung über die Wahl eines anderen Ruhelagers halten sie fÜr gänzlich abwegig, meine Befehle werden mit dem leeren Blick, unheilbar Verblödeter von ihnen überhört. Sobald ich den einen oder anderen anrühre, fallen sie wie "tot" um, legen sich auf den Rücken und lassen sich an den Hinterläufen von mir durch die Zimmer zurück zur Veranda ziehen, ohne selbst ein Glied zu bewegen.

Eine Einigkeit hat die Gesellschaft, die vorbildlich ist, selbstbewusste, zielbewusste Persönlichkeiten auf der eisigen Höhe der Unnahbarkeit.

Ich habe nie phlegmatische Bulldogs gehabt, immer scharfe Teufel, allerdings dürfen sie sich bei mir ausleben, ihr Hundeleben leben mit ihren eigenen Wünschen. Immer habe ich weite Grenzen gezogen und nie mit ihnen herumkommandiert. Sie sollten ihre Eigenart behalten und stolze Hunde bleiben. Unterwürfig "Pfoten geben" und "Bitte bittemachen", das darf man nicht von einem englischen Bulldog erwarten. Tut er es von selbst, mag es hingehen.


Sondermeldung:

BILD berichtet, dass die Welpen des Elendstransportes (siehe unten den Nachtrag zum Beitrag vom 5. März) zur Vermittlung freigegeben sind.

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Samstag, März 3, 2012

Der Tod und die Tierheime


Es entsetzt uns hier in Deutschland immer wieder, wenn wir von Hunden in Tötungsstationen von Tierheimen in anderen Ländern erfahren. Der folgende Beitrag stammt aus "Der Bulldog" (1973). Es geht leider nicht daraus hervor, wer ihn wann verfasste. Jedenfalls wird darin beschrieben, dass auch in deutschen Tierheimen der Tod eines Hundes als "Lösung" - zumindest noch vor einigen Jahren - denkbar war :

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Was ist die Aufgabe unserer Tierschutzvereine?

Die langjährige Vorsitzende unseres Clubs, Frau Otti Heermann war auch Vorsitzende des Kasseler Tierschutzvereins und leistete hier eine hervorragende Arbeit. Ihr Mann, Dr. Heermann, hat noch heute dieses Ressort.

Neulich rief mich eine verzweifelte Dame aus Karlsruhe an. Aus dem dortigen Tierschutzhaus hatte sie einen jungen englische Bulldoggen RÜden mitgenommen, konnte ihn aber wegen ihrer alten, eifersüchtigen Katze nicht behalten. Im Tierschutzheim hatte man ihr dann gesagt, sie solle den Hund zurückbringen, das Beste wäre wohl, ihn zu töten. Von einem Tierarzt erhielt sie meine Telefonnummer und fragte, ob wir nicht helfen könnten. Dieser arme Kerl war abens auf einer Fähre gefunden worden. Zurückgelassen, und nun wollte man ihn töten. Niemand wollte die Bulldogge, da sie nicht sauber, bösartig und viel zu fett war. Außerdem wollte sie nicht mit den Schäferhunden des Tierschutzheimes spielen!!!

Ich rief sofort ein junges, sehr tierliebendes Ehepaar in Frankfurt an und diese versprachen, sich der Sache sofort anzunehmen. Drei Stunden nach dem ersten Anruf war der Hund bereits von ihnen abgeholt worden. Es stellte sich heraus, daß es ein besonders lieber, anhänglicher, etwa ein Jahr alter Rüde war. Nur als Notlösung wollten sie die Bulldogge beherbergen, bis ein Interessent gefunden würde. Aber schließlich behielten sie den Hund doch.

Noch heute ist es mir völlig unverständlich, daß dieser junge, muntere Kerl getötet werden sollte. Etwas verbittert daher auch unsere Haltung dem dortigen Tierschutzverein gegenüber. Warum hatten sie uns nicht benachrichtigt. Mit Sicherheit wußten sie von der Existenz des VDH in Dortmund, außerdem wußten sie, daß es viele Spezialclubs gibt.

Mit Dankbarkeit dachte ich wiederholt in den vergangenen Wochen an das Ehepaar, das ohne viel zu fragen, durch ihre Handlungsweise echte Tierliebe und Mitgefühl gezeigt haben, indem sie diesen fremden Hund sofort in ihre Familie aufnahmen!

Hinweis: Über diesen Blog sind schon häufiger "Bulldoggen in Not" an gute und liebevolle Menschen vermittelt worden. In solchen Fällen helfen wir immer wieder gerne!

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Montag, Februar 6, 2012

Deck-Geschichten und Zucht-Anmerkungen


Nicht jeder Bulldog eignet sich als Deckrüde

Otti Heermann war Bulldogzüchterin und Richterin in der Vorkriegszeit, sie rettete ihre Bulldogs unter großem persönlichen Einsatz über den Krieg, danach war sie die die Vorsitzende des "Club für Englische Bulldogs". Sie schrieb wunderbare Geschichten über ihre Bulldogs, wovon Sie einige über die bloginterne Suchmaschine finden können. Heute bringe ich eine lustige kleine Episode, die sie über ihren "Ex" schrieb:

"Als Deckrüde war Ex nicht zu verwenden, er war viel zu bequem dazu. Gewiss - gern hat er die Frauen geküßt - aber damit war es auch genug. Er legte sich auf seine Matte, rollte sich zusammen und schlief. Die Hündin, die zum Decken gekommen war, konnte machen was sie wollte; Ex hatte kein Interesse, er wollte nur seine Ruhe haben."

Links sehen wir den Kopf von Otti Heermanns fleißigem:-) Deckrüden Bull. Solch eine Nase, wie er sie hat, ist heute wieder Zuchtziel.

Links sehen wir unseren Kosmo, und wir können sehen, dass seine Nase nicht extrem kurz ist. Manche Züchter sind eben schon länger auf dem richtigen Weg, den Bulldog wieder so 'fit for function' zu züchten, wie er es vor 80 Jahren noch war; und das ohne mit anderen Rassen zu kreuzen!

Ricky: "Es ist mal wieder an der Zeit!"

"Dewrie Drummerboy", genannt Ricky, war der Top-Bulldog der späten 60er und frühen 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Er gehörte Kari Wolfsjäger, der erfolgreichen Züchterin der "Cincinatti Bulldogs". Sie schrieb 1973 über Ricky:

"Hin und wieder besuchen uns Hündinnen, um sich mit Ricky zu vermählen. Ricky kennt den Zweck ihres Besuches genau und ist empört, wenn fremde hündinnen zu uns kommen und dann nicht läufig sind.

Nun wird in Deutschland wenig gezüchtet, daher gibt es auch nicht ständig Hündinnen, die zu decken sind. Meistens lassen wir in der Garage decken. Ein Stuhl, Wolldecken ect. werden zu diesem zweck hinein getragen. Vorige Woche beobachtete ich, wie Ricky wiederholt in der Garage verschwand. Was er vorhatte entdeckte ich erst, als er sich weigerte wieder heraus zu kommen. In der üblichen Ecke hatte er zwei Wolldecken zurecht geschoben und dahinter war auch schon der Stuhl gestellt! Auf seine Art wollte er mir sagen, dass es wieder an der Zeit sei..."

Früher war es üblich, die Bulldogs natürlich decken zu lassen. Ggf. wurde Hilfestellung geleistet, wie Kari Wolfsjäger es andeutet. Der Stuhl war für den Züchter da, um ggf. die Hündin ruhig halten zu können.


Montag, Mai 18, 2009

In den 30er Jahren: Otti Heermann berichtete von ihrem

Ingo - dem Mäusejäger - vom Thüringerland


"Daß eine englische Bulldogge ein scharfer Mäusejäger ist, kommt selten vor. Mein Ingo ist ein solcher.

Es ist ein komischer Anblick, wenn Ingo stundenlang bei seinem Häuschen herumlungert, mit stierem Blick die Erde schaut, wartend bis eine Maus unter dem etwas höher liegenden gedielten Boden seines abgezäunten Schutzhauses hervor kommt. Wie oft habe ich um die Dämmerstunde von unserem Wintergarten aus hinabgeschaut und über Ingos Gebähren Tränenbächlein lachen müßen. Ich bin davon überzeugt, daß er absichtlich Reste in und neben seiner FutterschÜssel verwahrt, um damit Mäuse anzulocken!

Er ist so hundsgemein, daß er, wenn die Maus erscheint, wie eine Marmorfigur dasteht, zuläßt, daß die Maus ganz nahe an die fressbaren Dinge herankommt, sich dann mit seinem 56 Pfund schweren Körper ruckartig auf sie wirft und sie erdrückt. Hat er das Tier auf diese saubere Art zur Strecke gebracht, springt er wie ein Tempeltänzer in Ekstase um die tote Maus herum. Nie hätte ich in einer so schwerfällig aussehenden Bulldogge einen solchen Grotesktänzer vermutet.

Ich muß dann zu Ingo gehen, ihn loben, das Tier bestaunen, ein bischen mit herumspringen, Freudentöne ausstoßen, dann in die KÜche laufen, Pferdewürstchen holen und Ingo belohnen. Ich darf beliebig nicht gleich die Maus nehmen und vergraben, nein, ich muß Ingos Freude an der Sache erst abklingen lassen.

Anrühren tut er die Maus nie. Er umspringt sie nur, treibt also einen sauberen Sport. Wenn er nachts draußen in seinem Häuschen bleibt, ist natürlich der Teufel los. Das warme Bett verschmähend, begeht er jagdähnliche Heldentaten. Er läßt seine Jagdbeute nie allein. Er schläft neben den toten Mäusen bis ich am Morgen zu ihm komme und alles gebührend lobe und belohne. In den letzten Wochen war Ingo richtig abgemagert, ich sperre ihn jetzt nachts bei uns ein, denn der arme Hund muß doch auch mal richtig schlafen!

Vor einigen Tagen kam eine Bekannte, die am meisten die Heldentaten meines Ingos anzweifelte und bat mich, ihr meinen Ingo doch einmal zu leihen, denn vom Garten her waren Mäuse zu ihr in die Wohnung gekommen. Ich willigte ein und begab mich mit Ingo zu der Wohnung der Dame. Ingo zog auf Nachtquartier! Ja, leider.

Unternehmungslustig betrat er die Wohnung seiner für eine Nacht festgelegten Tätigkeit. Ich verabschiedete mich von ihm vor der Eingangstür. Am nächsten Morgen wollte ich ihn wieder abholen.

Mitten in der Nacht ging das Telefon. Ich, mit bloßen Füßen, nichts Gutes ahnend, nahm den Hörer ab. Meine Bekannte bat mich, sofort hinzukommen und Ingo abzuholen, die ganze Wohnung sei demoliert. Ein Freund ihres Mannes war auf der Durchreise gewesen und sie waren zum Abendessen fortgegangen. Zu Hause wieder angelangt, erwartete sie ein Chaos. Ich hatte nur den Mantel über mein Nachthemd gezogen, denn Eile war geboten und bin schnellstens hingefahren. An der Haustür meiner Bekannten stand drohenden Blickes der alte mürrische Hauswirt. Auf dem Treppengeländer zum ersten Stock hockten verschiedene leichtbekleidete Gestalten, es waren wohl die Übrigen Einwohner des Hauses. Die Tür zu der Parterrewohnung meiner Bekannten stand weit offen, alle Lichter brannten.

Es war ein schreckliches Durcheinander. Beschreiben kann ich es gar nicht. Da lag der Nähtisch umgekippt über der Stehlampe, der Teewagen lag mit dem Rücken noch oben, dazwischen eine Menge Scherben. Schreckensbleich stotterte meine Bekannte, sie hatte noch den Hut auf dem Kopf, daß das japanische Teeservice unersetzbar sei und daß der Nähtisch 100 Jahre alt und ein Familienerbteil wäre. Auf der hinabgezogenen Tischdecke saß mein Ingo, vor ihm lag eine tote Maus. Er machte Ansätze zum Umherhüpfen, empfand aber doch, daß es nicht der passende Augenblick dazu sei. Er kam stolz auf mich zu, wollte gelobt werden, stieß mit seinem mächtigen Kopf an, lief zu seinen toten Mäusen, an einer anderen Ecke lag noch eine.

Ich war sprachlos über soviel Dummheit meiner Bekannten, einen fremden Hund alleine zu lassen. Ein Kind weiß, daß das gefährlich ist. Ich sah auf meinen Ingo nieder. Stolz stand er vor der toten Maus, wedelte mit seinem ganzen Hinterteil, fragte mich mit seinen klugen Augen: "Die Leute sind wohl nicht zufrieden mit meiner Arbeit?"

Ich leinte meinen Mäusejäger an, zwinkerte ihm mit den Augen Pferdewürstchen zu und gemeinsam verließen wir den Platz des häßlichen Aufruhrs. Einige Kränkungen folgten mir noch bis an die Haustür, dazu die Ankündigung einer Schadensersatz-Klage!

Dann trabten wir durch die friedliche, stille Nacht nach Hause. Ich sagte Ingo, daß wir uns von nun ab nur mehr um unsere eigenen Mäuse kümmern würden, und daß er daheim sogar zwei Pferdewürstchen bekäme!!!

Anmerkung: Otti Heermann war die bedeutende deutsche Bulldog-Züchterin überhaupt. Wer mehr von ihr (und über sie) lesen möchte, der kann in die blog-interne Suchmaschine (graue Spalte oben rechts) ihren Namen eingeben und so sehr viel Interessantes und auch Lustiges von ihr hier im Blog finden.


Freitag, November 10, 2006

Ein Vorbild


So triste, wie im letzten und vielen vorherigen Beiträgen beschrieben, (siehe im "Inhaltsverzeichen Themen", unter "Zucht und Zuchtvereine") sah es für den Bulldog in Deutschland nicht immer aus. Hier nun ein Bericht des früheren VDH-Allgemeinrichtes, Karl F. Lohmann (Kaflo), den er 1982 für das damalige "Bulldogblatt" (Nr. 2, Mai 1982) des 1980 gegründeten VdFEB schrieb:


Otti Heermann

... gibt es Menschen, die sich einer Sache verschrieben haben,...
In jedem Klub, jedem Verein, der sich aus Gleichgesinnten, Idealisten, zusammensetzt gibt es Menschen, die sich einer Sache verschrieben haben, die sie wachhalten wollen, der sie neue Akzente setzen möchten. In diesen Kreis sind wiederum Menschen, die eben aus Idealismus Arbeiten übernehmen und Zeit opfern der Sache wegen. Nun, bei uns haben wir es nicht mit einer Sache zu tun sondern mit Wesen aus Fleisch und Blut, vielleicht sogar mit Seele, wenn man den Ausdruck oder den Blick unserer Lieblinge so deuten will.

Unsere uralte Hundrasse, auf die viele Menschen unwissend, abfällige ja sogar hin und wider mit Verachtung herabblicken, hatte es einer Frau, einer ganz außerordentlicben Frau, besonders angetan. Diese Frau, die in ihrem Leben soviel für leidende, kranke, behinderte oder auch in Not geratene Menschen und Tiere getan hat, das war Otti Heermann.

"Es ist unmöglich diese Frau nicht zu bewundern !"
Diese vitale, mit immer neuen Impulsen uns überraschende und überzeugende Frau war für mich die größte in unserem Klub. Ein Ausspruch von Harald Diekmann: "Es ist unmöglich diese Frau nicht zu bewundern !" Sie nur z. B. von 1911 bis 1019 Krankenschwester in Davos, Unfallschwester für Bergunfälle mit möchentlichen Besteigurgen von 3-4 Tausesendern, Oberin in einem Lungensanatorium im Odenwald und später Oberin des Nervensanatoriums in Kassel. Können Sie sich vorstellen mit welchen Menschen sie es zu tun hatte, wieviel Hilfe und Rat sie vielen Menschen geben konnte ? Sie hat das alles gemeistert mit Offenheit, mit Fröhlichkeit.

Und dabei war sie immer einfach geblieben, ...
Sie stellte sich etlichen Ehrenämtern zur Verfügung wie z.b. als 1.Vorsitzende unseres Vereins und des Tierschutzvereins in Kassel. Viele viele Aufsätze, Abhandlungen und Vorträge geben Aufschluß über ihre Bereitschaft immer da zu sein für Menschen, die sie brauchten. Und dabei war sie immer einfach geblieben, keine Spur von Großspurigkeit, im Gegenteil. Jahrelang hat sie im "UR" (Verbandszeitung des VDH) äußerst interessante Artikel geschrieben, die nicht nur Klubmitglieder lasen. Noch heute lese ich hin und wider nach in ihren Abhandlungen über die Rassekennzeichen unseres Englischen Bulldogs.

Als Zuchtrichterin war sie unbestechlich, stets tolerant, aber bestimmt. Dabei immer das Ziel der Verbesserung unserer Rasse im Auge.

... Vorbild für viele.
Ich selbst wurde durch meinen Vater auf sie aufmerksam gemacht. Den klaren freien Blick, der beim Vorstellen auf mir ruhte, werde ich nicht vergessen. Er war eine Forderung und Weisheit zugleich. Sie war mir auf zwei drei Ausstellungen schon aufgefallen, denn sie hatte immer einige Menschen um sich herum und meistens eine Zigarre an. Jeder, der sie kannte, verehrte sie. Sie war eben eine außergewöhnliche Frau, Vorbild für viele.

... unvergessen bleiben.
Viel zu früh schloss sie am 23.7.1964 für immer ihre Augen, die soviel Leid und Elend, aber auch Schönes gesehen hatten. Sie ist es wert und mir ist es eine Ehre etwas über sie zu schreiben, denn sie wird mir und vielen anderen wirklich unvergessen bleiben.


Im "Bulldog-Blog" findet Ihr eine bewegende Geschichte über Otti Heermanns Probleme - und Charakterstärke - als Zuchtrichterin während der Nazizeit, geschrieben von dem früheren Präsidenten des Holländischen Bulldog-Zuchtvereins:
"Ein Zeitgenosse spricht über Otti Heermann"
siehe: 5. Oktober 2005

Otti Heermann selbst schrieb oft humorvoll, und immer voller Liebe und Einsatz über ihre Bulldoggen. Unten sind Links zu Texten und Briefen von ihr, die ich schon im BB brachte. Einige weitere werden noch folgen.
"Ein gesalber Hintern ..." siehe: 28. November 2005
"Vor 60 Jahren Kriegsende" siehe: 15. Juni 2005


Sonntag, November 27, 2005

"Ein gesalber Hintern ..." ;-)


Das Problem mit einem eng anliegenden Bulldog-Schwanz gab es schon Anfang des vorigen Jahrhunderts. Die (damals und bis heute) berühmte Bulldogzüchterin Otti Heermann schrieb seinerzeit einen Artikel über die Pflege des Bulldogs, insbesondere auch seiner Schwanz-Unterseite. Daraufhin erhielt sie diesen Brief, der einfach zum lauten Lachen animiert:


Brief an Otti Heermann

Also, das haben Sie herrlich geschrieben, so etwas muß man als Neuling doch wissen. Ich habe gleich alles befolgt: für 2 Mark Vaseline gekauft und zu salben angefangen. Wie hat sich mein Bulldog gefreut, als ich an ihm herumarbeitete.

"unterm Schwänzchen"
Sie haben tatsächlich richtig behauptet: "unterm Schwänzchen", da hat es richtig gestunken. Das war aber bestimmt schon so bei dem Vorbesitzer, das hat mein Hund nicht von mir - das ist sicher! Alles habe ich eingefettet, alle Falten und die Augen und Ohren. Acht Geschirrtücher habe ich verbraucht. Meine Frau war zu einer Einladung, da hörte ich ihr Gezeter nicht. Ich habe Ihnen doch schon mal geschrieben, daß sie von meiner Neuerwerbung nicht erbaut ist - sie liebt nur Rehpinscher.

... wie hat ihm sein gesalbter Hintern gut getan.
Ach, wie war mein Bulldog glücklich, weil ich so an ihm herum-geputzt habe. Und wie hat ihm sein gesalbter Hintern gut getan. Er ist durch alle Zimmer "schiebkarren" gefahren. Er hat mir immer wieder sein Hinterteil hingehalten, und ich habe immer wieder etwas draufgeschmiert. Warum sollte ich auch nicht - wo Sie es doch vom Club aus empfohlen haben. Der Hund war ja so lustig! Und ich habe immer lachen müssen, wie er so durch alle Zimmer "Schlitten fuhr".

Der Bulldog muß weg, oder sie läßt sich scheiden.
Aber dann kam meine Frau nach Hause. Wenn Sie wüßten, was die für einen Stunk gemacht hat. Sie schrie, ich hätte ihr das ganze Parkett versaut. Nun werden Sie einen groben Brief erhalten; denn sie hat eine Wut auf Sie - Sie hätten empfehlen müssen, diese Salberei nur in einer Waschküche zu machen. Der Bulldog muß weg oder sie läßt sich sofort scheiden. Nun wissen Sie Bescheid ...

... wie einen aussichtslosen Fall.
Aber der Bulldog bleibt - dann geht eben die Frau! Lassen Sie sich auf nichts ein, ich gebe den Bulldog nicht mehr her. Ich salbe auch weiter so - wo es dem armen Kerl doch so gut tut und es ihn so glücklich macht. Behandeln Sie meine Frau ganz kalt, wie einen aussichtslosen Fall. Als ob ein Bulldog mit einem gesalbten Hintern ein Scheidungsgrund sei? Was sollte ich denn nehmen? Es waren ja nur die Geschirrtücher in der Küchenschublade. Sollte ich vielleicht den Smoking nehmen?

Irgendwo mußte ich mich aussprechen ...
Wenn es zur Scheidung kommt - und das tut es - müßten Sie, beste Frau Heermann, mir bezeugen, was vom Club angeordnet war. Entschuldigen Sie bitte diesen langen Brief. Irgendwo mußte ich mich aussprechen und alles klarlegen. Woran eine glückliche Ehe doch scheitern kann, man sollte es nicht für möglich halten. Aber mein Hund bleibt!!

Halten Sie fest zu mir, stehen Sie zu Ihrem Wort in der Rassehundzeitung, und stellen Sie mir jetzt schon eine Mitgliedskarte aus. Dann hat meine Frau mehr Respekt vor mir.


"Ein gesalber Hintern ..."

... und seine Folgen, wie oben beschrieben :-))), ist heutzutage weniger zu befürchten. Zum Beispiel Yacuma von Bulldogfreundin Xenia hat eine pflegeleichte, gerade Rute.

Die Korkenzieherruten werden - Gottseidank - aus den Bulldogs wieder herausgezüchtet. Diese Ruten machten "Hinternsalbungen" nötig; nicht selten auch Amputationen.

Ein nur mäßig gedrehter Korkenzieherschwanz macht selten Probleme; aber es wurden - bis vor kurzem, und in einigen Ländern auch heute noch - leider auch Bulldogs mit nach innen ins Fleisch gedrehten Korkenzieher-oder Knopf-Ruten zur Zucht eingesetzt! Die Mutter meiner 2. Hündin Sarah z.B. mußte eingeschläfert werden, weil ihre extreme Knopfrute inoperabel entzündet war. Sarah selbst hatte auch schwere Probleme mit ihrer sogenannten "Rosenrute"!

.. damit wackeln :-)
Frieda hat einen leicht gedrehten Schwanz, der aber nicht festklemmt. Sie kann etwas damit wackeln :-). Ihre Wurfschwester hatte die bessere, gerade abstehende Rute. Ich habe mich trotzdem für Frieda entschieden, da sie einen wirklich langen Hals und ziemlich viel Nase hat, und das ist für eine gute Atmung so sehr wichtig. Außerdem war sie die witzigere und klügere der beiden ;-))) Doris und Dianne meinten zudem, Frieda würde einen wunderschönen Kopf bekommen, so wie ihr Cousin Willie und ihre Cousine Berta in Alaska, sowie ihr Cousin Dreamboy, der Birgit Braum gehört und in Schweppenhausen bei Bad Kreuznach lebt. - Warten wir es ab :-) -

Den "perfekten Bulldog" gibt es genau so wenig wie den "perfekten Menschen" ;-)


Donnerstag, Oktober 6, 2005

Ein Zeitgenosse spricht über Otti Heermann


In verschiedenen Rückmeldungen zu meinem Bulldog-Blog wurde gewünscht, daß ich noch mehr von Otti Heermann (siehe Eintrag 15. Juni 2005) und allgemein über die Vorkriegszeit informieren möge.

Aus dieser alten Bulldog-Zeit in Deutschland kenne ich nicht sehr viele Memories ;-) (Titel der Grafik) ; es gibt vermutlich auch nicht viele.

Von Otti Heermann selbst kann ich noch etwa 2-3 Geschichten bringen, was ich auch gerne tun werde. Vorher halte ich es aber für sinnvoll und wichtig, etwas mehr über die außerge- wöhnliche Persönlichkeit dieser deutschen Bulldog-Züchterin zu informieren.

1982 traf ich auf einer Bulldog-Austellung den damaligen Präsidenten des "Holländischen Bulldog Clubs", Herrn Dr. W.K.J.J. van Ommen Kloeke. Er war Zeitgenosse von Otti Heermann und schrieb mir auf meine Bitte hin den unten folgenden Bericht über sie.

Ich warne ungeduldige Blog-Besucher ;-) :
Der Text von Herrn Dr. van Ommen Kloeke ist ziemlich lang, und es sind keine Bilder dabei. Trotzdem - es lohnt ihn zu komplett zu lesen. (Übersetzung von Yvonne und Horst Autermann)


Erinnerungen an Otti Heermann

Dr. W.K.J.J. van Ommen Kloeke

Vor mir auf dem Tisch liegt eine seltsam geformte Brosche. Für einen Außenstehendenwird sie höchstens von geringem historischen Wert sein. Aber für mich ist sie sehr wertvoll. Weil sie eine Erinnerung an eine Frau herstellt, die sich in der Ausübung ihrer streng gezogenen Lebensprinzipien tapfer und streithaft für eine Hunderasse einsetzte, die ihre ganze Liebe war, die Englische Bulldogge.

"Continentaler Bulldog Club 1904"
Die Brosche besteht aus zwei Teilen. Das Oberteil ist ein emailliertes Dreieck, blau mit weißem Rand, innen mit den Buchstaben "RDH"; eine Abkürzung für den um den zweiten Weltkrieg aufgelösten "Reichsver-band für das Deutsche Hundewesen". Unter dem Dreieck hängtan zwei dünnen Kettchen eine silberne Münze, 22mm im Durchmesser, worauf in der Mitte der Kopf eines Englischen Bulldog abgebildet ist. Darum herum steht in kleinen Buchstaben "Continentaler Bulldog Club 1904". Diese Brosche wurde mir 1935 von der damaligen Sekretärin des Clubs, Frau Otti Heermann, geschenkt.

... 1935 bekam ich von der Familie Heermann eine Einladung ...
Unser Kontakt kam zu Beginn der dreißiger Jahre zustande. Ich schrieb für die kynologische Presse verschiedene Artikel über den Englischen Bulldog und Frau Heermann fragte mich, ob sie für ihren Club das eine oder andere daraus entnehmen dürfe. Ein Briefwechsel entstand, und 1935 bekam ich von der Familie Heermann eine Einladurg zu einem Besuch, um mein Urteil über die vorhandenen Bulldoggen abzugeben, vor allem auch, weil ich meine Kenntnisse hierüber in England erwerben konnte.

Wir lernten auch Mißtrauen und Verrat kennen, auch das Untertauchen.
Es wurde ein merkwürdiger Besuch. Nicht wegen der Hunde, sondern wegen der unheimlichen Atmosphäre, in der gelebt wurde. Denn ich wurde direkt nach meiner Ankunft mit Nachdruck ersucht, im eigenen Interesse nicht über Politik zu sprechen, wenn andere dabei wären, und vor allem kein Interesse für Uniformträger oder militärische Ausrüstung zu zeigen, die mir auf der Straße zufällig begegnen würden. Befremdent fand ich es auch, daß ich wiederholt feststellen mußte, daß wir bei Spaziergängen in Kassel beschattet wurden. Ich fragte dann wer das wäre, der sich immer verbergen würde, wenn ich das Haus der Heermanns betrat. Mir wurde geantwortet, ich solle darauf einfach nicht achten. - Erst viel später, als wir nach kurzem Krieg besetzt worden waren, begriff ich alles. Wir lernten auch Mißtrauen und Verrat kennen, auch das Untertauchen.

... ihre Englischen Bulldoggen nicht allein im Garten laufen lassen konnte, weil schon einer vergiftet worden war.
Dr. Kurt Heermann, Rechtsanwalt und Notar, erzählte mir, daß er es sehr schwierig habe, da er kein Mitglied der "Partei" sei. - Er ist dies auch nie geworden - und daß er darum stets Angeklagte zu verteidigen bekam, die gegen die neue "Ordnung" verstoßen hätten oder dessen verdächtigt würden. Eine unter diesen Umständen äußerst heikle Angelegenheit ! Schlimm fand ich es auch, daß Frau Heermann ihre Englischen Bulldoggen nicht allein im Garten laufen lassen konnte, weil schon einer vergiftet worden war. - Aus Haß gegen die Engländer !

... 1936 nach Köln zur Reichssieger- Ausstellung ...
Bei meinem Abschied versprach ich im nachsten Jahr am 23. und 26. April 1936 nach Köln zur Reichssiegerausstellung zu kommen. Frau Heermann würde dort die Englischen Bulldoggen richten und dann auch gerne meine Englische Bulldoghündin sehen, über die sie schon soviel gehört hatte. Das war "Christmas Snowball", die viel Reklame für diese Rasse machte, indem sie zweimal Beste der Ausstellung und auf zehn hintereinander folgenden Ausstellungen Beste der Doggenartigen Hunde geworden war.

... durch hereinfliegende Glasscherben verletzt würde.
Die Reise zur Reichssiegerausstellung 1936 verlief nicht besonders günstig. Mein Vater fand, daß sein gerade volljährig gewordener Sohn nicht alleine fahren sollte und hatte einen Freund mit Auto gechartert. So fuhren wir zu dritt mit einer Bulldogge nach Köln. Doch kurz vor der Stadt fuhr unser Fahrer unter äußertst ungünstigen Witterungsver-hältnissen auf einen großen Lastzug auf. - Ich konnte mich noch so eben über die Bulldogge beugen um zu vermeiden, daß das Tier durch hereinfliegende Glasscherben verletzt würde. Dadurch war glücklicherweise die Bulldogge unverletzt geblieben, außer, daß sie mit Blut verschmiert war. Ich hatte mir nämlich einige leichtere Verletzungen an den Händen zugezogen, zum Glück nichts Ernsthaftes. Unsere erste Handlung am Abend im Hotel war, die rotweiße Bulldogge wieder zu einer reinweißen zu machen, welches mit einiger Anstrengung im Badezimmer gelang.

... unter keinen Umständen den Reichstitel an einen Ausländer ...
Aber ein Unglück kommt seiten allein. An diesem Abend erzählte uns Frau Heermann, daß der "RDH" (Reichsverband für das Deutsche Hundewesen) ihr zur Bedinggung gemacht hätte, unter keinen Umständen den Reichstitel an einen Ausländer zu vergeben. Die Tränen standen ihr in den Augen, als sie uns dies mitteilte. Wir haben noch in Erwägung gezogen die Meldung zurückzuziehen aber dann doch beschlossen, "Snowball" in den Ring zu bringen.

... die Spannung wurde immer unerträglicher.
Es wurde das spannendste Richten, welches ich in meinem 48-jährigen Hundeleben jemals mitmachte. Es war eine stattliche Anzahl Bulldoggen gemeldet, neben unserem "Niederländischen Champion" auch noch zwei Champnions aus Skandinavien. Erst wurden die 'Rüden - und für unseren Geschmack - sehr langwierig, gerichtet. Ein deutscher Hund gewann. Wieder verging eine Zeit bis die Jugendklasse Hündinnen gerichtet wurde, die Spannung wurde immer unerträglicher. Dann kam endlich der Moment, in dem die die sechs Hündinnen der Offenen Klasse in den Ring gerufen wurden, "Snowball" hatte zum Glück ihren Autounfall vergessen. Sie ging mit locker rollendem Gangwerk ihre Runde und blieb auf mein Kommando unbeweglich stehen. Dies hatte ich ihr so beigebracht, und ich konnte auch die Leine neben sie auf den Boden legen, eine Übung, die immer Eindruck auf die Richter macht. Denn gut vorführen, das ist der halbe Gewinn ! Sie stand wie ein echter "John Bull", mit mächtigem, doch weiblichem Kopf, etwas erhoben, die kräfigen Vorderbeine neben der breiten Brust. Mit elegantem Karpfenrücken, gut gewölbten Rippen und einer schlanken Hinterhand, sie stand dort wie ein Standbild. Die Richterin ging mehrmals an den sechs Hunden vorbei, aber sie kam jedesmals zu "Snowball" zurück. Und dann brach die Spannung..., sie kam zuletzt auf uns zu und gratulierte mir. "Snowball" war Reichssieger 1936 geworden.

... einen offiziellen Brief vom "RDH".
Einige Wochen später bekam Otti Heermann einen offiziellen Brief vom "RDH". Ihre Erlaubnis zum Richten wurde eingezogen mit der Begründung, daß sie nicht das Wissen hätte um diese Rasse weiter zu richten....

... welch beinahe hoffnungslosen Kampf ...
Wir sind uns persönlich nie wieder begegnet. In den Kriegsjahren war dies natürlich ausgeschlossen, auch danach kamen alle verabredeten Treffen nicht mehr zustande. Wir hielten wohl den schriftlichen Kontakt aufrecht, wenn auch manchmal mit großen Zeitabständen. Bei diesem Briefwechsel wurde deutlich, welch beinahe hoffnungslosen Kampf Frau Heermann führen mußte, um die Rasse durch den Krieg zu erhalten und danach wieder aufzubauen. Es erscheint mir für die Geschichte der Rasse in ihrem Land von Bedeutung, daß ich hierüber das ein oder andere aus ihren sorgfältig aufbewahrten Briefen wiedergebe.

Diese Hunde schlafen nun in des Toten Bett...
Am 26. 11. 1940 schreibt Otti Heermann :
"Hunde habe ich 5 Stück, es geht ihnen sehr gut. Bull ist aber tot, er hatte ein Hodengewächs so dick wie ein Kopf Rotkohl. Er mußte getötet werden, es war schrecklich! Auf dem Kopf dieses Briefes ist sein Bild. Bonny ist auch tot, er hatte Magengeschwüre und war drei Jahre in ärztlicher Behandlung. Täglich erbrach er sein Essen. Nita hat mehrere Würfe gehabt und bei sechs Jungtieren waren immer drei Hunde "Vorzüglich" auf allen Ausstellungen ! - Herr Max Lehmann ist plötzlich gestorben, ich habe sehr gute und sehr teure Hunde aus seinem Zwinger gekauft. Zweijährig, ich werde damit züchten. Der Zwinger Lehmann ist aufgelöst. Später, so Gott will, sprechen wir darüber. Lehmanns Tod war eine Katastrophe. Ich habe geholfen den Zwinger aufzulösen. Es waren 17 Hunde! Die Witwe hat zwei davon behalten, die ältesten, die ersten Zuchthunde zum Andenken an ihren lieben Mann. Diese Hunde schlafen nun in des Toten Bett neben dem Bett von Frau Lehmann."

... wir haben nun alles vorloren, ...
Am 5.12.1946 schreibt Frau Heermann in den ersten Brief nach dem Krieg:
"Wir haben gewiß Furchtbares durchgemacht, wir haben nun alles vorloren, aber es ist mir möglich gewesen mich neu einzurichten. Wir haben wieder ein Heim, ich habe wie früher die Vereinstätigkeit. Wenn Sie einmal nach Deutschland kommen, hoffe ich, daß Sie uns einmal besuchen."

Die Nazis haben sie erschossen, ...
Und an anderer Stelle:
"Meine Bulldogrüden leben noch. Meine Hündin ist leider bei einem Angriff ums Leben gekommen. Meine Rüden sind Witwer und weinen nach einer Frau, die sie aber nicht bekommen. Es gibt in Deutschland nur noch drei oder vier Bulldoggen. Die Nazis haben sie erschossen, weil es eben englische Hunde waren !"

Im Frühjahr 1947 arbeitete sie mit an der großen internationalen Ausstellung in Köln.
Aber Frau Heermann setzte sich durch. Im Frühjahr 1947 arbeitete sie mit an der großen internationalen Ausstellung in Köln. Sie durfte auch wieder richten. Dann bekam ich das Angebot am 6.8.1950 nach Dortmund zu kommen, wo eine Clubschau abgehalten werden sollte. Otto Borner lud mich auch persönlich ein. Alle Vorbereitungen waren getroffen, doch im letzten Moment mußte ich absagen. - Dann kam die Einladung im Jahre 1950 in Osnabrück eine Anzahl Rassen zu richten, darunter auch die Englischen Bulldoggen. Ich nahm die Einladung in der Hoffnung an nun endlich, nach 17 Jahren, Otti Heermann wieder die Hand zu drücken. Es sollte nicht sein. Eine Krankheit machte ihr die Reise unmöglich.

Etwas später hörte ich, daß sie gestorben war ...
Meinen letzten Brief an sie schrieb ich als damaliger Sekretär des "Holländischen Bulldog Club" an Frau Otti Heermann als Sekretärin unserer deutschen Schwestervereinigung als Antwort auf ihre Anfrage, in welchem Alter frühestens eine Englische Bulldog Hündin gedeckt werden könnte. Aber darauf habe ich keine Antwort mehr erhalten. Etwas später hörte ich, daß sie gestorben war ...

Wir leben in der Hundewelt schnell und Namen werden bald vergessen. Darum bin ich Frau Cornelia Deermann dankbar, daß sie mich gebeten hat, etwas über Otti Heermann zu schreiben, eine tapfere und unerschrockene Frau, die für ihre Rasse buchstäblich durch´s Feuer ging. Wir haben sie nicht vergessen.


Sonntag, Juni 12, 2005

Vor 60 Jahren Kriegsende


Ich erwähnte im letzten Blog-Eintrag Otti Heermann. Sie schrieb wundervolle Geschichten über ihre Bulldoggen. Hier nun ein Ereignis, das direkt nach Kriegsende geschah :

Otti Heermann erzählt:

"Eifersüchtig war er wie ein Othello. Wollte mir jemand die Hand geben, so war er zur Stelle, um es zu verbieten. Niemand durfte mir in meinen Mantel helfen, in allem sah er Gefahren für mich. In der Gastwirtschaft mußte ich dem Kellner meinen Teller reichen, kein Kellner durfte ihn mir fortnehmen. Manchmal war es unangenehm, und ich hätte gerne gewünscht, er wäre friedlicher gewesen. Es war unmöglich Blackman zu verändern, und bis zu seinem Tod blieb er scharf und temperamentvoll. Er war einer meiner allertreuesten Bulldogs, und das will bei unserer Rasse etwas heißen.

Wieviel Angst habe ich ausgestanden, wenn wir Vollalarm hatten und Ex in aller Ruhe die Treppe zum Keller ging, ...
Ex war dagegen anders. Wieviel Angst habe ich ausgestanden, wenn wir Vollalarm hatten und Ex in aller Ruhe die Treppe zum Keller ging, das konnte man nur für einen Zeitlupenfilm verwenden. Kein Anfeuern half, er blickte mich höchstens an, als ob ich leicht verblödet wäre, meine Erregung war ihm unverständlich. Aus dem auf der Treppe stehenden Wasser-Reservoir goss ich Wasser hinter ihm her, aber auch das lief an ihm ab, ohne irgendwelche Veränderungen in seiner Gangart hervorzurufen. Eiche, seine Schwester, war etwas verständiger, jedenfalls war sie längst im Keller, bevor Ex erschien.

Aus allen Angriffen habe ich meine Hunde retten können, aus dem brennenden Haus in der Kaiserstraße holte ich sie heraus, schloss sie ein in ihre Reisekisten, welche eigentlich nur zum Besuch der Hundeausstellungen angeschafft waren. Eine ganz böse Nacht lang standen meine Hunde in ihren Kisten auf der Straße. Immer waren sie geduldig und folgsam, immer fügten sie sich in Unabänderliches, was ich auch von meinem temperamentvollen Blackman sagen konnte.

Dann bekamen wir Notquartiere...
Dann bekamen wir Notquartiere in einer kleinen Villa in der Schlossreichstraße. Alle drei Bulldogs fügten sich, nahmen auch zeitweise mit dem Aufenthalt in der Waschküche des Hauses vorlieb. Bei Regenwetter konnten sie nicht im Garten sein, und die zwei uns zugewiesenen Wohnräume waren teilweise Schlaf- und Büroraum. Die Küche wurde von anderen ausgebombten Familien mitbenutzt. Ich mußte auch alles verhüten, Mitbewohner zu verärgern. Wenn man Hunde hat, muß man immer den untersten Weg gehen.

Der Krieg war zu Ende, die Sieger zogen ein. Es mußte wohl bekannt geworden sein, daß ich Englische Bulldogs hatte - auch bei den Herren der Besatzung. Schon wenige Tage nach dem Einzug der Besatzung kam in der Frühe ein deutscher Offizier a.D. zu mir. Es war Herr von Beesten. Sehr offiziell teilte er mir mit, daß einige Herren von der Besatzung meine Englischen Bulldogs zu sehen wünschten. Er ermahnte mich, absolut zu gehorchen, meine Hunde vorzuführen, deren Papiere zu zeigen alles weitere würden die Herren dann entscheiden. Er selbst habe die Rolle des Dolmetschers übernommen.

... durch die furchtbaren Angriffe hatte ich sie gerettet, ...
Ich war wie gelähmt vor Schreck - denn sah das nicht aus wie eine Enteignung, sollte ich jetzt noch meine geliebten Bulldogs verlieren? Durch die Nationalsozialisten war mir nichts weiter geschehen, trotz allem Hass auf meine Auslandsrasse. Durch die furchtbaren Angriffe hatte ich sie gerettet, manche Nacht sie heimlich im Keller des Finanzamtes untergebracht, immer gezittert, daß man sie mir auf die Straße setzen würde, allem preisgegeben, sie dann wieder im eigenen Keller untergebracht, der starke Mauerrisse bekommen hatte und für Menschen untauglich als Luftschutzkeller erklärt worden war - immer wieder gerettet, und was kam nun?

Sicher war es für mich, jetzt mußten meine Bulldogs sich selber retten, jetzt mußten sie voller Wut gegen jeden fremden Menschen vorgehen, der ihnen Halsband und Leine anlegen wollte, um sie fortzuführen. Blackman unbesehen ja, der war zu Fremden wie ein reißender Löwe, da brauchte ich nur ein leises , 'Pass auf' zu flüstern, dann war alles gemacht, aber der phlegmatische Ex, der in aller Seelenruhe angelatscht kam und möglicherweise noch seine breite Patschpfote fremden Menschen hinhielt, Eiche war vielleicht nicht ganz so freundlich, aber sie war keine Kampfhatur. Ich wußte es, wenn man mir jetzt noch meine Hunde nehmen würde, die ich so unsagbar liebte, auf eine solche Art nehmen würde, das hätte ich nicht überstehen können, war ich doch durch das viele Erleiden in der Kriegs- und Bombenzeit gesundheitlich vollkommen erledigt.

... jetzt mußten meine Bulldogs sich selber retten, ...
Der Tag ging zu Ende, nichts geschah, also wohl am anderen Morgen? Die halbe Nacht probte ich mit meinen Hunden in der Waschküche: 'Gut aufpassen, fass an, jeden fasse, der kommt, Black, Ex, Eiche, fasst, fassen, passt auf..!' Alle meine Kommandos waren unter Tränen hervorgebracht, da saß ich bei meinen Hunden auf dem Steinboden in der Waschküche, ein Bild des Jammers. Meine Hunde hörten gut zu, Blackman wollte gleich los, seine rotunterlaufenen Augen zeigten mir schon seine ganze Wut. Ex und Eiche waren aufmerksam, sahen auch umher, fanden aber nichts Aufregendes, rollten sich wieder zusammen zum üblichen Schnarchkonzert. Das wußte ich bestimmt, Black war richtig, der hatte mich verstanden! Aber Ex und Eiche, die waren für mich verloren!

Der andere Morgen kam und mit ihm Herr von Beesten und drei amerikanische Offiziere. Gefasst ging ich ihnen entgegen. Ja, Englische Bulldogs vorführen mit ihren Papieren - ich hatte die Ahnentafeln alle gerettet, gehütet wie meine eigenen Papiere.

Ich holte Blackman, 'flüsterte' nochmal, weinte ihm in seine Ohren - und Black, vorsichtigerweise von mir angeleint, tobte wie ein Irrsinniger los, auf die Herren zu- Ich schrie: 'gehen Sie alle weg, ich kann den Hund nicht halten, er zerreißt Sie alle.' Black wirbelte mich nur so herum, tapfer hielt ich seinen Riemen. Die Schaumflocken seines Maules flogen umher, die Herren liefen zur Gartenpforte und machten sie von außen zu, riefen mir übers Gitter zu, ob der Hund immer so wäre, ob er sich nicht beruhigen ließe? Ich verneinte, sagte, daß nur ich mit ihm fertig würde, daß er ein schwerer Angreifer sei. Weiter sagte ich: 'Wenn Sie ihn anfassen wollen, müssen Sie ihn erst totschießen'. Man befahl mir, den Hund wegzubringen, die Türe zu ihm zu verschließen und die anderen Bulldogs zu holen! Schnell drückte ich Black an mich, vor Dankbarkeit, er hatte sich gerettet, er blieb bei mir, mein tapferer Black ... !

Und als ich in die Waschküche kam, traute ich meinen Augen nicht, da saßen Ex und Eiche wie zwei Wahnsinnige, brüllten vor Wut, waren nicht zu halten - was war denn das - die Veränderung durch das Wutgeschrei meines Black, wollten sie nun genau so tapfer sein, mir und sich helfen? Schnell leinte ich sie an und heraus mit ihnen, bevor die Zorneslust verrauschen würde.

Die Herren gingen und mir zitterten die Hände und Beine, ...
Friedlich standen die Herren wieder im Garten, aber als ich mit den beiden Wütenden kam, da liefen sie schnell wieder zum Gartentor hinaus und hielten den Griff von außen fest. Der eine Offizier meinte zu mir hingewendet: 'Haben Sie gemacht Pepper unter die Schwanzen wie bei Pferde?' Ich verneinte und sagte nur, daß meine Hunde immer so wären! (Frechheit hilf mir!) Die Herren wollten nicht mehr bleiben, ich hörte nur ihre abfälligen Worte. 'Nix got, slechte, falschen Dogs, nix got...' Die Herren gingen und mir zitterten die Hände und Beine, wir stolperten zur Waschküche, Ex und Eiche gingen rückwärts, immer die Augen noch zum Gartentor, ob nicht doch noch eine Gefahr vorhanden .....

Ja, also das waren Bulldogs, in der Not doch keine Phlegmatiker, sie hatten mich und Black verstanden, ich hätte sie alle drei totdrücken können vor Glück, alles war gut, da saß ich wieder auf dem Steinboden mit meinen Bulldogs, gelacht und geweint habe ich.

Liebe gute Bulldogs, konnte ich denn jemals zweifeln an eurem Verstand, an eurer Treue, wie habe ich euch Unrecht getan!"


Freitag, Juni 10, 2005

Ein Bordell -

noch einmal Vorkriegs-Bulldoggen


Nach der Wende 1989 lernte ich die Hobbyzüchterin Martina Schubert aus Schlettau im Erzgebirge kennen. (In der DDR gab es einige wenige English Bulldogs : gezüchtet mit staatlich importierten Hunden. Im Bild 'Kari von Yokeheighwood') Martina wiederum wußte von einem 89jährigen Herrn aus Thüringen, Hans Drechsel, der vor dem Krieg schon Englische Bulldogs gezüchtet hatte.

Martina und ich schrieben Herrn Drechsel an und besuchten ihn Anfang 1991 in Krölpa. Er starb im Oktober 1991; ich war froh die Gelegenheit gehabt zu haben, ihn über den Englischen Bulldog in den Vorkriegszeiten erzählen zu hören. Auf einem kleinen Diktiergerät nahm ich damals einige seiner Geschichten auf. Beim Aufräumen fand ich heute diese alte Diktierkassette wieder. Der Ton ist ziemlich schlecht, aber das meiste noch verstehbar.

Hans Drechsel wurde 1902 in Thüringen geboren. Er liebte den Bulldog schon als Kind und züchtete ihn auch später. In dem 30er Jahren lernte er die berühmte Züchterin Otti Heermann auf Ausstellungen kennen und schätzen. In diesem Zusammenhang nur am Rande : Otti Heermann baute nach dem Krieg mit ihren wenigen Bulldogs, die sie in ihrem Kasseler Zuhause unter riesigen Schwierigkeiten über die Kriegsjahre versteckt am Leben erhalten hatte, die Bulldogzucht in Deutschland und den Bulldog-Zuchtverein CEB wieder auf.


Hans Drechsel erzählt:

"Bulldoggen kenne ich seit meiner Schulzeit. Ich war 10 Jahre alt, da hatte der Pferdeschlächter aus Plauen eine Bulldogge. Ich durfte sie ausgeführen, und seitdem bin ich närrisch auf die Bulldoggen.... und 1917 war da ein verückter Kerl, der auch Rennfahrer war, der hatte eine Bulldogge.....

1929 kaufte ich meinen ersten Bulldog, 'Afra von der Alle' (jedenfalls klingt der Name auf dem Band so). Ich hatte annonciert, und sie wurde mir angeboten. In einem scheußlichen Zustand. Aber artgerecht gebaut. ...

'Da ging ich mit meiner (läufigen) Afra zur Polizei und fragte, ob die wüßten, wo es einen Bulldogrüden gäbe.'
Es war sehr schwer einen Rüden für sie zu finden. Ich schrieb an Behörden, aber niemand wußte, wo es einen Bulldog gab... Dann ein Zufall. Ich wurde nach Weimar zu einem Rüden bestellt, aber der war ein Boxer... Da ging ich mit meiner (läufigen) Afra zur Polizei und fragte, ob die wüßten, wo es einen Bulldogrüden gäbe. 'Ja, wir wissen einen. Aber wir wissen nicht, ob Sie mitgehen wollen.' Da bin ich mit denen losgegangen, und dann war ich im Bordell.

'Und gleich im Bordell hat der Bulldogrüde meine Bulldoghündin gedeckt.'
Ich wurde eine Treppe hochgeführt, eine wunderschöne Dame kam, und gleich kam der Hund mit. Die Bordellmutter war die Besitzerin des Bulldogs. Und gleich im Bordell hat der Bulldogrüde meine Bulldoghündin gedeckt. Ein solcher kleiner Bulle war das, ich hatte richtig Angst um meine 'Afra', sie war so schmal. Dann habe ich mich bei der Polizei bedankt.

Das hat einen schönen Wurf gegeben. Da hatte ich 4 Stück. Ich hab annonciert. Aber niemand wollte einen Welpen. Dann hab ich sie an einen Händler verkauft, das Stück für 50 Mark. Zum zweiten Decken fuhr ich nach Chemnitz zu einem Fabrikanten, der einen Rüden aus England hatte. Aber da hatte ich Pech damit. Die 4 Welpen sind nach der Geburt gleich eingegangen. Das war traurig. ..."




Archiv: Unbekannte Autoren

Geschichten aus dem vorigen Jahrhundert


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Samstag, Juni 6, 2015

Andy ist tief beleidigt. Oder verstört?

Quelle: "Der Bulldog, 1973", Autor unbekannt.


Diese Episode hat sich 1973 zugetragen, als wir mit

unserem kleinen Bulldog in Berlin eingetroffen sind:


Der unumstrittene König in unserem Haus ist Andy, eine neun Jahre alte Bulldogge. Es dreht sich so ziemlich alles um ihn; wir haben auch Schildkröten, einen Papagei, Vögel, Meerschweinchen etc., aber das sind Lebewesen zweiter Klasse für ihn. Ab und zu kippt er mal eine Schildkröte um, ansonsten kümmert er sich nicht um das Getier.

Hundebesuch hatten wir nie, und auf der Straße kümmert er sich nicht um andere Hunde. Als wir nun unseren neuen Mitbewohner brachten, war das für ihn auch nur ein Gegenstand, der sich bewegte. Hundegeruch haftete ihm scheinbar noch nicht an, und der neue Bulldog tollte munter in der Gegend herum.

Am zweiten Tag bellte Oskar zum ersten Mal - wir haben ihn Oskar getauft, weil er so frech ist, daß ein anderer Name überhaupt nicht zu ihm passen würde. Das Bellen ließ unseren alten Andy wie elektrisiert herumfahren, er glotzte den kleinen Oskar an und fiel in sich zusammen wie ein Hefekuchen.

Oskar wurde daraufhin in eine Stube verbannt, und der alte Andy lag quer in der Diele und rührte sich nicht und auch nichts mehr an. Jeder, der kam, mußte über ihn hinwegsteigen. Er ließ sich nicht erweichen auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu rÜcken.

Ich verbrachte die ganze Nacht bei ihm, um ihm alle möglichen Entschuldigungen ins Ohr zu flüstern. Am nächsten Tag von der Arbeit zurück, lag er immer noch an der gleichen Stelle, und meine Frau sagte mir, daß er immer noch nichts angerührt hätte. Ich ließ mich also wieder auf dem Teppich nieder, redete beschwörend auf ihn ein und versuchte mit schmatzenden Lauten ihm irgendwelche mundgerechten Fleischstücke schmackhaft zu machen.

Nach einiger Zeit ließ er sich dann doch dazu herab (nach zwei Fastentagen) mit ekelerregter Miene einige Stücke in sich hineinfallen zu lassen. Nun war der Bann gebrochen, am nächsten Tag ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Andy schaute Oskar zwar immer noch etwas verwundert an, aber gewöhnlich dröhnt sein zufriedenes Schnarchen wieder durch das Haus, und alle Wogen sind geglättet.


Mittwoch, Juli 11, 2012

Wie Murphy zu ihren Spitznamen kam !

Quelle: "Der Bulldog, 1973", Autor unbekannt.


In den vergangenen sechs Monaten, die Murphy bei uns ist, hatten wir so manches vergnügliche lustige und aufregende Erlebnis.

Anstatt sie Murphy zu nennen, hätten wir sie besser auf den Namen "Ratzer" getauft. Ihr Hang zum Schnarchen ist nach ihrer Fresslust am ausgeprägtesten. Da sie in der ersten Zeit nicht gerne alleine blieb, hinderten wir sie vorerst nicht daran, nachts im Schlafzimmer auf der Bettumrandung zu schlafen. Mit zunehmendem Alter stieg aber die Schnarchqualität derart an, daß wir um unsere Nachtruhe fürchteten. Murphy wurde ins Bad verbannt.

Eigentlich hätte sie froh darüber sein sollen, im Bad war es wärmer und ein Bächlein wurde auch weggeputzt und nicht weiter darüber geredet. Sie zeigte jedoch anfangs wenig Begeisterung, wenn sie im Bad schlafen sollte. Auf das Kommando "Murphy komm schlafen" drÜckte sie sich am Bad vorbei ins Schlafzimmer und schob den Kopf so weit wie möglich unter das Bett. Nach einigen Wochen hatte sie sich daran gewöhnt, und sie lief abends von alleine dorthin.

Unseren Schnarcher ins Bad zu verlegen, brachte noch einen weiteren Vorteil. Damit wären wir bei ihrem zweiten Spitznamen angelangt: "Müffi", dieser bringt noch recht wohlwollend eine Eigenschaft zum Ausdruck, die sie besonders in den ersten Monaten besaß.

Den Namen bekam sie nach einer Bahnfahrt. Wir befanden uns auf der Heimfahrt, als unsere schnarchende Murphy bei vollbesetztem Abteil "Giftgase" abließ. Das Resultat war beachtlich. Meine Schwester wurde blass, meine Frau tat, als gehöre sie nicht zu uns, und ich soll rot geworden sein; die Mitreisenden wurden unruhig. Noch nie ist mir die kurze Strecke soo lang vorgekommen wie an diesem Tag.

Ihren dritten Spitznamen erhielt sie ebenfalls bei einer Bahnfahrt. Eine ältere Dame wollte ihren Namen wissen, offenbar hielt sie Murphy für einen Mops, und anscheinend konnte sie schlecht hören, denn aus Murphy wurde "Möpsi".

Murphy lässt dies alles kalt, das ewige Gerede, sie sei viel zu dick, sei wohl ein alter Hund, ein junger Boxer, eine Promenadenmischung, oder sie gliche gar Sir Winston Churchill.


Mittwoch, Juni 27, 2012

Fräulein Candy´s Flugreise

Quelle: "Der Bulldog, 1973", Autor unbekannt.


Fräulein Candy war nur gewöhnt im Auto zu reisen, also immer in nächster Nähe ihrer geliebten Herrin. Candy hat einen ausgesprochenen Schutztrieb und hat schon Öfters unter Beweis gestellt, daß sie sich ihrer Pflicht, die oft allein reisende hübsche Herrin zu beschützen, voll und ganz bewußt ist.

Nun mußte kürzlich die Reise Frankfurt-Berlin im Flugzeug zurückgelegt werden. Also wurde für Candy eine vorschriftsmäßige feste Kiste angefertigt, und sie schlief auch zwecks Gewöhnung schon einige Nächte vorher in dieser Kiste. Auf dem Flughafen kam Candy in die Kiste und wurde im Gepäckraum gleich hinter der Pilotenkabine verstaut.

Mit einem Raubtiergebrüll protestierte sie gegen die gewaltsame Trennung von Frauchen und man hörte in der Passagierkabine ihr Heulen und Jammern. Aber nicht lange, dann wurde es still, denn Candy hatte Wichtigeres zu tun. Mit Zähnen und Schädel hatte sie binnen kurzem die feste Kiste demoliert und war frei.

Der Pilot ging ihr voller Angst mit dem Feuerlöscher zu Leibe und klingelte Sturm nach der Stewardess. Aber Candy war an dem fremden Mann in keiner Weise interessiert, stattdessen entwischte sie, als die Stewardess die Tür zu der Passagierkabine öffnete und ließ sich seelenruhig neben ihrer Herrin, die in der ersten Reihe saß, nieder. Sie verhielt sich musterhaft während des Fluges und stolz erhobenen Hauptes verließ sie dann in Tempelhof das Flugzeug!


Freitag, Dezember 4, 2009

"Frech wie Oskar", eine Geschichte aus Berlin

Die folgende Geschichte fand ich in meinen Bulldog-Unterlagen von 1975. Der Autor und der Zeichner werden nicht genannt.


Unser Oskar ist jetzt 2 Jahre und zu seinem Namen ist er gekommen, weil man bei uns in Berlin sagt: "er ist frech wie Oskar", wenn sich alle nur möglichen Spitzbübereien zusammenreimen. Schon als wir Oskar mit 10 Wochen beim Züchter holten, und ich ihn auf dem Arm hielt, versuchte er, mir den Bart aus dem Gesicht zu pflücken.

Mit zunehmendem Alter machte er seinem Namen alle Ehre. Es gab keinen Schuh, Strumpf, keine Jacke oder Hose, die er nicht durch´s Haus zog, anfraß oder im Garten verbuddelte. Vom Schweinebraten, voreilig auf den Tisch gebracht, sahen wir nur noch den letzten Zipfel in seiner Maulschüssel verschwinden. Die trockenen runtergewürgten Kartoffeln neidete er uns nicht! Ein großes Wollknäuel, von ihm erbeutet, zog er durch das ganze Haus um alle Möbel und verwandelte alles in ein riesiges Spinnennetz.

Nachdem wir alles mühselig wieder "entwickelt" hatten, gefiel es ihm bald danach, eine Stopfnadel zu verschlucken. Der Tierarzt verordnete Sauerkohl und gekochte Kartoffeln, und wir marschierten mit Schippe und Pinzette hinter ihm her. Die Leute in unserer Nachbarschaft machte sich ernste Gedanken, wo sie uns einordnen sollten! Aber es klärt sich manches, und auch eine Bekannte spricht wieder mit uns, die er fast vor Freude anpullert.

Oskars größter Gag und unser größter Kummer ist seine Tischsitz-Stellung, auf dem Couchtisch, um aus dem Fenster zu schauen! Er liebt es, wenn ich mit lautem Donnerwetter ins Zimmer stürze, sich vom Tisch abstoßend aus dem Zimmer zu entfernen. Die Riefen in der Tischplatte sind immer gleichbleibend lang! Sie vermehren sich nur.

Im Auto ist er in seinem Element. Da gibt es allerhand zu zerstören: Aschenbecher, Schaltknüppel, die Anschlüsse der Heizscheibe sind von Oskars Zähnen gezeichnet oder sogar kaputt. Nur unsere überaus gute körperliche Verfassung hat uns davor zurückgehalten, uns in einer Nervenklinik einzumieten.

Heute ist nun etwas passiert, womit Oskar vieles gutgemacht hat, und weshalb ich die Geschichte überhaupt schreibe. Meine Frau will mich mit Oskar und Morris (unser zweiter kleiner Bulldog) vom Dienst abholen und geht mit den beiden angeleinten Hunden die Straße entlang. Auf einem Grundstück, nicht weit entfernt, haut ein Herr seine Garagentüre zu und Morris erschrickt so sehr, daß er rÜckwärts springt, den Kopf dabei aus dem Halsband zieht und auf die Fahrbahn flüchtet.

Ein großer Lastzug kann nur mit Mühe und Not abbremsen und stellt sich dabei quer. Oskar reißt sich von Frauchen los, die erstarrt ist, läuft auf die Fahrbahn, packt den Morris im Genick und versucht, ihn auf den Gehweg zurückzuzerren. Beinahe wären beide Hunde zu Schaden gekommen, aber diesen Rettungsversuch hätte ich niemals einer Bulldogge zugetraut und unserem "Deibell" schon garnicht.

Wir sehen ihn jetzt etwas verklärt und mit zunehmendem Alter wird er ja auch ruhiger. Wir hoffen es jedenfalls!


Donnerstag, November 12, 2009

Verwechselung oder Verwirrung ??? :-)))

Über Walter Slezak fand ich in meinen alten Bulldogunterlagen (von 1975) diese kaum zu fassende Episode; ein Autor wird nicht genannt, und es war leider auch kein Foto dabei :


Es wird erzählt, dass Walter Slezak seinen Bulldog für einige Zeit in einen Zwinger geben mußte:

Der Film war zu Ende, und ich fuhr nach New York, um meine Farn zu kaufen und meinen Hund abzuholen. Ich hatte verschiedene Nachrichten von Zwinger bekommen, in denen die Besitzer den Wunsch geäußert hatten, den Bulldog so bald wie möglich los zu werden. Wie es schien, war er in einer Nacht auf irgendeine Weise seinem Käfig entkommen und hatte seinen bösen Weg in die Klausur einer französischen Pudelin und einer Afghanenhündin gefunden, beide edelrassig und beide läufig. Er muß sich großartig unterhalten haben und hat eine ganz neue Rasse vierbeiniger Monstrositäten gezeugt.

Alle meine Hunde hatten übrigens einen starken Zeugungsdrang. Einmal besaß ich einen Bulldog-Rüden, sechsundsiebzig Pfund solider Häßlichkeit, geifernd und liebebedürftig. Eines Nachts ließ ich ihn im Central Park ohne Leine herumlaufen, er rannte davon, und als ich ihn wiederfand, war er gerade dabei, eine Foxhündin zu schänden, ein schönes, weißes, gestutztes und geschniegeltes Tier.

Während ich überlegte, ob ich den Vorgang unterbrechen sollte, rannte ein Mann herbei, verzweifelt pfeifend und rufend: "Daisy, Daisy, wo bist du?" "Ich fürchte, Daisy ist hier," sagte ich ihm schweren Herzens. Als er, was nunmehr ein Fait accompli, war, voll begriff, wandte er sich mir zu, bleich wie ein Geist und sagte anklagend: "Warum trägt Ihr Hund keinen Maulkorb?" Es hätte keinen Sinn gehabt, mit ihm zu streiten.


Montag, Oktober 19, 2009

"You too !" - Die Geschichte von Yu-Tu

Die folgende Geschichte fand ich, leider ohne Fotos, in meinen Bulldog-Unterlagen von 1975. Die Autorin wird nicht genannt, aber da sie den "Ben Nevis" (den größten Berg Schottlands) erwähnt, vermute ich, dass sie eine Schottin war.


Yu tu ist der erste Bulldog, von dem ich je gehört habe, der einen chinesischen Namen hatte. Den Namen hat er durch Zufall erhalten. Als Welpe war er zu einer älteren Dame gekommen, die einen Pekinesen namens Ping Pong hatte. Den ganzen Tag hieß es "Ping Pong hin, Ping Pong her". Zum Bulldogwelpen sagte sie dann immer "you too" (du auch), und mit der Zeit hörte er nur auf diesen Namen.

Als er gezwungenermaßen bei uns landete, habe ich ihn zuerst nicht sehr gemocht. Er erinnerte mich an einen grotesken kleinen Chinesen. Normalerweise würde ich nie zugeben, daß ein Bulldog häßlich ist. FÜr mich hat diese Rasse die Schönheit Ben Nevis' oder eines Epstein Modells. Aber auch ich mußte zugeben, daß Yu tu mehr wie ein verschrumpfter Gnom als wie ein Bulldog aussah. Vielleicht war er, wie jemand vorschlug, als Welpe auf den Kopf gefallen.

"Weißt Du", sagte ich zu meinem Mann, "ich glaube, ich werde diesen Hund nie richtig mögen." Yu tu bewegte ein Ohr, aber zeigte sonst nicht, ob er meine Äußerung verstanden hatte. Er war reserviert. Er hatte die chinesische Art zu seiner eigenen gemacht, er zeigte nie, was er dachte. Lange wußten wir nicht, ob er uns mochte, ob er mit seinem Leben bei uns zufrieden war.

Die Zeit verging und langsam hat er sich in unsere Hausgemeinschaft integriert. Er war wie ein Chamäleon, so daß man oft vergaß, daß er anwesend war. Manchmal, wenn ich Leckerbissen verteilte und die anderen Hunde bettelnd herumsaßen, bemerkte ich seine Knopfaugen, mit denen er mich unaufhörlich beobachtete. Obwohl er sah, daß ich den anderen etwas gegeben hatte, hat er nie versucht, etwas von ihnen zu nehmen oder zu betteln. Da er sich so ruhig verhielt, hatte ich ihn oft ganz vergessen! Unnötig zu sagen, daß ich mir miserabel vorkam.

Ich muß zugeben, daß er keine Umstände machte. Die Junghunde und die Welpen haben ihn alle sehr gemocht. Sobald sie ihn sahen, haben sie sich um ihn gesammelt, sie kletterten auf seinen RÜcken und zogen an seinen Ohren, oft waren sie lästig. Er blieb aber immer geduldig. Nie habe ich gesehen, daß er grob zu ihnen war. Er spielte mit ihnen wie ein älterer Junggesellenonkel, bis es ihm zu viel wurde. Dann schüttelte er sie ab und ging weg. Oft habe ich amüsiert zugeschaut, wenn sich unsere Hündinnen stritten. Er fuhr bestimmt dazwischen, schickte eine in die Richtung und die andere beförderte er mit einem Schultergriff in die andere Ecke.

Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, daß Yu tu der anspruchsloseste von unseren Hunden war, aber ich wußte noch immer nicht, ob er sich bei uns wohlfühlte. Ich gewöhnte mich an ihn, obwohl mein Verhältnis zu ihm nie dasselbe war wie zu meinen anderen Bulldogs.

Dann wurde ich krank. Halb bewußt nahm ich ein Kratzen und Scharren außerhalb meiner Türe wahr, dann folgte ein regelmäßiges Schnarchen. Später, als man mich besuchen durfte, war auch Yu tu dabei. "Weißt Du", sagte mein Mann, "es war ganz unmögliche Yu tu von Deiner Tür wegzubringen!" Zwei Tage hatte er dort gehockt, ohne zu essen oder zu trinken. Armer Yu tu.

Nun setzte er sich neben mein Bett, den Kopf auf die Bettkante gestützt und betrachtete mich mit seinen undefinierbaren Knopfaugen. "Hallo häßliches Entlein", sagte ich und streichelte ihn. Er zitterte am ganzen Körper und preßte seinen Kopf noch näher an meine Bettkante.

Von diesem Tag an hat sich unser Verhältnis radikal geändert und als er Jahre später von uns gehen mußte, hinterließ er eine Lücke, die kein anderer Hund hat füllen können!


Donnerstag, Februar 19, 2009

So stur - typisch Bulldog ;-)


Diese Geschichte bringe ich in Erinnerung an meinen Vater, Bulldogger aus ganzem Herzen. Er starb vor anderthalb Jahren - heute wäre er 90 Jahre alt geworden. Diese alte "Schubkarren-Geschichte" hatte ihn immer besonders erheitert.

PS: Schubkarrenbulldogs gibt es auch bei uns! Dieses Foto ist aus den 90er Jahren :-)))

PPS: Diese Geschichte paßt auch zum heutigen WEIBER-Fastnacht, nicht wahr ;-) ?


Sonntag, August 3, 2008

Eine Geschichte aus dem Ende des 19. Jahrhunderts:

"Die zwei Beleidigten"

Zunächst eine ganz kleine Einführung in den Stand der Bulldogzucht zum Ende des 19. Jahrhunderts, diesem Büchlein (von 1973) entnommem.

Ende des vorigen Jahrhunderts kauften sich wohlhabende Pferdeliebhaber ihre Reit und Wagenpferde in England. Es war üblich bei englischen Pferdegestüten, dass man einen englischen Bulldog sozusagen als vierbeinige Rabattmarke an auserwählte Käufer schenkte.

Meist lebten in jedem berühmten Pferdestall englische Bulldogs in Gemeinschaft mit den Pferden. Sie regten die Pferde nicht auf und bildeten eine nationale Ehre für jeden Pferdezüchter. Der alte Herr Krupp in Essen hatte auch bei einem solchen Pferdekauf eine englische Bulldogge als Zugabe erhalten. Solche Geschenke festigen auch geschäftliche Freundschaften.

Der englische Bulldog war natürlich in Essen eine Sehenswürdigkeit, und Krupp nahm ihn überall mit. Der Bulldog sass mit im herrlichen Kutschwagen, der bespannt war mit den englischen Pferden. Nach des Tages Last suchte Krupp Zerstreuung und Ausspannung an seinem Stammtisch. Dort ging es einfach her, weissgescheuerte Holztische, lange Bänke und einfache, schwere, geschnitzte Stühle. Da sass nun eine Reihe biederer Herren, die den Stammtischfreund Krupp immer mit grösster Herzlichkeit begrüssten nicht aber seinen englischen Bulldog!

Immer wieder hatte Krupp die guten Eigenschaften seines Bulldog geschildert, aber wenig Verständnis gefunden. Man liebte eben nicht diesen fremdländischen Hund und gönnte ihm auch nicht den Platz auf der Bank. Der Bulldog fühlte jede Abneigung und nahm im stillen auch eine feindliche Haltung ein, ohne dass die Anwesenden das sehr bemerkten. Der Bulldog liess keinen Blick von seinem Herrn, er lag immer ganz nahe bei ihm auf der Bank.

Die Stammtischbrüder rückten ein Stück von dem Bulldog ab, vielleicht aus Angst oder nur aus Abneigung. Mit der Zeit sahen die Herren ein, dass Krupp seinem Bulldog die Treue hielt und nie von seiner Liebe zu ihm abzubringen war. Nun begannen sie langsam und versteckt, den Bulldog zu ärgern. Er sollte am gemeinsamen Stammtisch verschwinden, das war ihr Ziel.

Krupp hatte wohl einige Male kleine Anrempelungen, welche seinem geliebten Bulldog galten, bemerkt und warnte! Die Herren lachten, denn was konnte der phlegmatisch scheinende Bulldog schon anrichten!

Eines Abends, als wieder alle beieinanderhockten und im lauten Bierbankgespräch über Zeit, Industrie und Politik ihre Bierkrüge schwenkten und hoben, da geschah es! Ein ganz besonderer, hartnäckiger Feind des Bulldogs, mit einer dicken schwarzen Zigarre im Mund, wollte ihm auf tückische Art eins auswischen. Er nahm seinen Mund voll Rauch und neigte sich leise von hinten über des Bulldogs Kopf, blies ihm eine Mundladung voll Rauch ins faltige Bulldoggesicht. In dieser Sekunde war alles verändert. Totenstille, der Rauchbläser hielt sein Gesicht mit beiden Händen, das Blut troff durch seine Finger! Der Bulldog legte sich gerade wieder bequem zurecht, schnaufte, als wollte er sagen: "So, das wäre geschafft".

Alle Stammtischbrüder waren entsetzt und erstaunt, wie der schwere Hund den Sprung und den Biss so schnell vollbracht hatte, er war doch schneller und gewandter, als man es ihm je zugetraut hatte. In einer Sekunde hatte sich der Bulldog eine grosse Achtung errungen!

Während man sich um den Verletzten kümmerte, erstaunt den ganzen Fall überlegte, stand Krupp auf, gefolgt von seinem Bulldog, und sagend: "Wer meinen Bulldog beleidigt, der hat mich beleidigt!", verliess er seinen Stammtisch.

Krupp und sein Bulldog kamen nie wieder an diesen Stammtisch.


Mittwoch, Juli 2, 2008

Der Herr am Tisch :-)


Im kleinem Büchlein "Der englische Bulldog" (2. Ausgabe 1976) veröffentlichte die Herausgeberin Kari Wolfsjäger diese zauberhaft geschriebene Geschichte "Der Herr am Tisch". Der Autor selbst ist unbekannt. Der Bulldog vom Titelbild dieses alten Büchleins ist "Chincinatti Bel Ami", der in die USA exportiert wurde und dort Ausstellungs-Karriere machte. Die Bilder unten sind die Orginal-Illustrationen zu dieser Geschichte.

Wir hatten ihn nie eingeladen. Es war gerade, als ob der Wind es ihm zutrüge.

Wenn wir uns an den Tisch setzten und tatkräftig Messer und Gabel heben wollten, bewegte sich der Türvorhang, und er kam. Ungerufen, uneingeladen. Mit wichtiger Miene schob er sich in seine kraftvollen Schultern und nahm etwas schwerfällig Platz. Natürlich im Sessel.

Wir saßen auf Stühlen. Gewiß gönnte man ihm das Essen, aber uneingeladene Gäste - na, man wollte ein Auge zudrücken, schließlich hat jeder mal Hunger; wir reichten ihm Essen. Fragen, ob er dieses oder jenes lieber möchte erübrigten sich, er war ein sogenannter Allesesser.

Irgendein Verständnis für Ungeschicklichkeit schien er nicht zu haben - trotz seines adeligen Namens - denn sein Benehmen bei Tisch überstieg alles je Dagewesene.

Wenn er den einen Bissen noch in der Backe hatte und Kauen und Schlucken sich zu eigennützigen Bestrebungen zusammen abspielten, schmatzte er schon nach dem nächsten. Das ihm gereichte genügte ihm nie. Wenn wir uns gestatteten, von einer Speise zu nehmen - wir taten es wirklich mit Anstand und Bescheidenheit - sahen wir den Flackerschein der Hölle über seine Züge ziehen und seine Zähne, eigentümlich grausam die fettigen Lippen zerteilend, bedeutungsvoll zum Vorschein kommen.

Er war eine Herrennatur. Warten konnte er nicht. Er befahl uns mit dem schmatzenden Geräusch seiner Zunge und Zuhilfenahme des Überflusses der Absonderungen seiner zu Überproduktion neigenden Speicheldrüsen, weitere Nahrung zu reichen.

In uns verhärtete sich immer mehr der Gedanke, daß das ästhetische Gefühl es verbiete, noch weitere Mahlzeiten mit ihm einzunehmen. Wir faßten Entschlüsse, die alle zu dem Endergebnis führten, daß wir von nun an alleine speisen wollten. Ja, bestimmt, das wollten wir tun, und wir sagten es ihm; ganz energisch sagten wir es!

Er schaute uns aufmerksam an, vielleicht schon wissend, daß wir uns für eine sinnlose Sache ereiferten und ahnungsvoll wahrnehmend, daß er doch der unsÜberlegene war. Seine Augen gingen suchend über den Tisch, auf dem jetzt nichts Eßbares mehr zu sehen war. Langsam verließ er seinen Sessel, wir polterten ihn an, daß es bestimmt das letzte Mal gewesen wäre, und daß er morgen nur ja nicht wieder erscheinen solle.

Als er hinausgegangen war, kämpften wir mit einem kleinen Reuegefühl und überlegten nochmals unsere Handlungs-weise. Gewiß, vielleicht hatten wir ihn eben beleidigt, wir liebten ihn, er war ja doch ein netter Kerl, auch anständig, bis auf sein Benehmen bei Tisch. Schließlich hatte jeder seine Fehler und Schwächen. Wir auch.

Ich ging hinaus, zurückrufen wollte ich ihn ja nicht, aber mal sehen, ob er beleidigt war, vielleicht traurig - ja, er stand noch in der Diele. Seine schönen braunen Bulldogaugen fragten mich - ich weiß nicht was - ich fühlte mich bedrückt, ich bedauerte jede Härte, gewiß, das ästhetische Gefühl war auch noch da und wollte berücksichtigt werden, ja, gewiß - aber schließlich hatte man ihn doch sehr lieb - und das war die Brücke.

Ich verhieß ihm dann die Möglichkeit des Wiederkommendürfens - nach einer gewissen Zeitspanne natürlich - ja, und dann war am nächsten Mittag wieder pünktlich zur Stelle am gewohnten Platz.


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Cornelia Savory-Deermann Cornelia Savory-Deermann

Cornelia
Savory-Deermann
, geboren 1945 in Wuppertal, hat seit inzwischen 37 Jahren Englische Bulldoggen und ist Gründungs- und Ehrenmitglied des "Verein der Freunde Englischer Bulldogs e.V.".

Jetzt sollen die Bulldogs zusätzlich hier ihr eigenes deutsches Weblog bekommen. Jeder Leser kann Blog-Beiträge an Cornelia schicken, Eure Bulldog-Anekdoten, -Fotos und -Tipps für's Blog sind willkommen. Der jeweilige Autor behielt sein Copyright an Bildern und Text, gab aber Cornelia ein einmaliges, unwiderrufbares Nutzungsrecht für eine Veröffentlichung in diesem Blog.


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Update: 21. 3. 2008

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