Tiere als Spiegel der Seele und Sinnbild der Kultur
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Bär und Bärin


Zum Symbol, zum Sinnbild gewordene Eigenschaften

  • Durch uralte Bärenknochen sowie überlieferte Riten und Gesänge wissen wir, dass der Bärenkult bis in die Steinzeit zurückreicht. Er wird sogar für den ältesten Kult überhaupt gehalten. Des Bären gewaltige Größe, seine riesige Kraft und sein aufrechter Stand machten ihn für die frühen Menschen zu einem göttlichen Vorfahren ihrer selbst.
  • Zu allen Zeiten wurde und wird der Bär als Ausdruck starker Männlichkeit erlebt. Seine große aufrechte und behaarte Gestalt läßt ihn als furchteinflößenden Kämpfer erscheinen, als Inbegriff des wilden Mannes. Er verkörpert die Macht des Stärkeren.
  • In unserer Sprache, als Sternzeichen und in den indianischen Traditionen begegnet uns der Bär dagegen als Bärin, als weibliche Kraft, als die Kraft des Werdens, Wartens und Wachsens.


Die Weltachse

Der Nordpolarstern steht genau über dem Nordpol der Erde. Für die Menschen der nördlichen Halbkugel sieht es so aus, als stünde dieser Stern als einziger still, als drehten sich alle anderen im Laufe des Jahres um ihn herum. Dieser als einziger ruhende Stern gehört zum Sternbild der "Kleinen Bärin" (Ursa Minor, Bärin: lat. Ursa). Das Land unter dem Polarstern, die Arktis (Arktos, griech. Bär) wurde nach dem dort herrschendem (Eis-)Bären benannt.

Das Sternbild zeigt die Bärin, nicht den Bär (Ursa Major und Ursa Minor), die Bärinnenkraft wurde von den frühen Menschen assoziert mit dem Mittelpunkt des Universums, um den sich alles andere herum drehte und entfaltete. Der Name des sagenumwobenen Keltenkönigs Arthus bedeutet Bär. (Im kelt. heißt Bär "Art") In den Gralssagen erscheint er in seiner späten, christianisierten Form. Ursprünglich war er "König Bär". Im keltischen Kulturkreis wird das Sternbild der "Kleinen Bärin" (Ursa Minor) auch "Arthus´ Wagen" genannt, und der Polarstern selbst Arthus. Patriarchale Strukturen und Normen setzen sich langsam durch.

In den Alpen wurden drei Höhlen freigelegt, in denen schon vor circa 75.000 Jahren Bärenopfer dargebracht wurden! Joseph Campbell schreibt dazu, dies seien die ältesten Altäre überhaupt, die man bis jetzt irgendwo auf der Welt gefunden hat.


Sprachspuren, das/die "Erste" und der Ursprung der Kunst

So wie das Alter des Bärenkultes (siehe oben) in weite Vorzeit zurückreicht, so auch sein Name. Der Paläolinguist Richard Fester nennt Tier- und Landschaftsnamen die "Konservendosen" vorzeitlichen Denkens und Empfindens, die uns bis heute erhalten sind. Im lat. Namen "Ur"sa steckt die Silbe "ur", im griech. und kelt. "Ar"ktos, "Ar"tus ebenso. "UR/AR/ER" als das "ur"sprüngliche, das "Er"ste (am Rande: das "Er"zgebirge) oder auch das "Ur"tümliche, das "Ar"chaische, eben so die "Ur"sache zeigen auf einen Anfang hin. Die "Ar"che und das "Ar"chiv konservieren ein Anfängliches. Und als das göttliche Urwesen, als das älteste Totemtier möchte ich sagen, wurde sicherlich nicht nur in den frühsteinzeitzeitlichen Kulturen, in denen später kelt./griech./röm. gesprochen wurde, die Bärin/ der Bär erlebt.

"Art"emis, die griechische Göttin der Jagd, war ursprünglich die Große Mutter in Bärengestalt. Bär und Hirsch waren ihr heilig. Noch im hellenischen Altertum tragen ihre Helferinnen Bärenfelle. Wenn man den Worten "arthus=Bär" und "art=Kunst" (engl./franz.) sowie "Ursus=Bär" und "artem=Kunst" (lat.) folgt, war "Kunst" zumindest in Europa ursächlich mit der kultischen Huldigung der Bärin und des Bären verbunden. Ich gehe dabei einmal von Knochenschnitzereien und Ähnlichem als Talisman und Opfergabe aus. Unsere Worte "Art/Abart, artig sein" lassen diesem Gedankengang folgend auch noch auf die ursprüngliche, (Lebens-)Art prägende Wirkung des Bärenkultes schließen. Heute meint "-art" als angehängte Silbe abstrakt die "Art und Weise", wie etwas sich darstellt. Ich war fasziniert, als mir beim Schreiben dieses Kapitels durch den Zusammenhang der Worte Art/ Kunst/ Bär als völlig plausibel aufging, dass "Kunst", das heißt die symbolhafte Ausgestaltung heiliger Gegenstände und Räume die womöglich älteste magische und rituelle Hilfe war, um mit der göttlichen Kraft in Gestalt der Bärin/des Bären - wahrscheinlich in schamanischen Zeremonien - Kontakt aufzunehmen. Der Bärenkult verlangte, wie ich sagen möchte, künstlerische, schön gestaltete Opfer- und Weihgegenstände, um sich als Mensch würdig und respektvoll dem Numinosen gegenüber zu zeigen, das Bärin und Bär zu jener fernen Zeit verkörperten.

In den germ. Sprachen liegt dem Namen Bär die Ursilbe "BA" zugrunde. Wie R. Fester in "Die Sprache der Eiszeit" ausführt, liegt dieser Laut weltweit allen Worten zugrunde, die mit Weiblich- und Mütterlichkeit zusammenhängen. Ich wage es den Bogen zu schlagen zwischen "ar", dem "Er"sten und "ba", der "Ba"ba (Mama), der alten Zauberin in vielen Märchen. Dort erscheint Baba meist als die in späteren Zeiten patriarchal ins "Wilde, Dunkle, Böse" gedrängte Schattengestalt der steinzeitlichen Großen Mutter. Aus der alten, matrilokaler oder matristischer Sicht dagegen ist die Große Mutter die anzubetende "Ur"kraft in Gestalt der "BA"erin, um die sich alles dreht, so wie die Welt sich um ihr Sternbild "Ursa Major" dreht. Zurück zum Bogen zwischen "ur/er/art" und "BA": Rein biologisch betrachtet ist der Zusammenhang zwischem dem "Er"sten und der Mutter, der "Ba"ba sowieso klar: die Mutter ist das Erste, was ein (Säugetier-)Baby wahrnimmt - und damit ist sie für es die es in-die-Welt-setzende und erhaltende göttliche Liebes- und Lebenskraft. "Ursa Major", die Große Bärin versteht sich so betrachtet als Inbegriff oder auch als Sinnbild weiblich erlebter Schöpfungsmacht.

Diese Schöpfungsbedeutung der Bärin belegen noch andere Worte: "gebären", "Gebärmutter", "Geburt", "wunderbar" aber auch "Bahre" haben die gleiche Wurzel wie das Wort Bär ("BA"). In den fernen Zeiten, als unsere Ahnen unsere Sprache schufen, war für sie die Bärin Sinnbild dafür, neues Leben in sich zu "bergen", und es im Tod wieder in der Erde, wie in einem "Berg", zu "verbergen". Im Schottischen heißen Kinder "Barn", die Geborenen. Die Bärin wurde im Deutschen zum mächtigen Sinnbild der Erde und des Gebärens, weil sie selbst jeden Winter in der mütterlichen Erde, fast wie in der Gebärmutter, verbringt. Zum Frühling verläßt sie diese wieder - und hat zwei Junge bei sich!


Ein Bärentod

Die Jenissejer, Ainu und andere sibirische Jäger-Stämme glaubten bis in unser Jahrhundert hinein, daß der Bär eine menschliche Seele besitzt und ihr Ahne ist. Sie fassten sein Lebensprinzip als mit dem ihren identisch auf. Die Bärenjagd, das Verspeisen eines Bären war deshalb ein dramatisches Konflikterlebnis für sie. Sie erfuhren ihre eigene Grausamkeit als Raubtier und heilten ihr Grauen darüber durch rituelle Besänftigung des Opfers, durch Dank an es und den Glauben an seine Wiederkehr.

Wer aus der Dorfgemeinschaft den Bären aufgespürt hatte, der durfte an der Jagd auf ihn nicht teilnehmen, denn der Bär war sein "Gast". War der Bär erlegt, so wurde ein kultisches Zeremonialfest um ihn gefeiert. Er wurde in Gesängen freundlich aufgefordert, seinen Pelz am Feuer abzulegen (er wurde gehäutet). Dann schmückte man ihn mit einem Festgewand aus Gräsern und Tüchern. Seine Zähne wurden mit Fett eingerieben, um ihn zu speisen. Die Frauen tanzten dazu in ihren schönsten Kleidern. In Liedern baten alle den Bären seiner Mutter im Himmel zu erzählen, wie gut er behandelt wurde und daß er deshalb bald wieder auf die Erde zurückkommen könne. Der Bär mußte an diesem kultischen Festabend ganz aufgegessen werden. Um ihm das Wiederkommen zu erleichtern, sammelten die Menschen am Tag nach dem Bärenfest-mahl alle seine Knochen ordentlich ein und bewahrten sie auf.

Der russische Völkerkundler Pantkanov überlieferte 1900 einen uralten poetischen Gesang der Ostjaken, den Hans Findeisen überlieferte: "Ein Bärentod"
".....Zu dem schönen Platz des Stadtfürsten zogen wir mit einem vollen Zug von Jungfrauen. Als wir vor die Landungsbrücke kamen, die zahlreichen Frauen der Stadt, hunderte von bejahrten Weibern standen vor meinem gescheitelten, viele Haare erzeugenden Kopfe, mit Händen die nass waren, wie bei den Scheuermägden. Die zahlreichen Frauen der Stadt, die zahlreichen Männer der Stadt, aus einer Masse Wasser eine schöne Wolke erhoben sie da zum Himmel. Des Bären heilige Spiele spielten sie dann. Als ich gerade in die Mitte des von Ostjakenfrauen mit Feuer versehenen Hauses eingeführt worden war, des Bären heiliges Gastmahl wurde da bereitet. Als des Bären heiliges Festmahl zu Ende war, tanzte man den heiligen Tanz des Bären. In einen wolligen Tuchrock mit langem Flaume wurde ich gekleidet, mit klingendem Silber hat man mich geschmückt. Als das heilige Fest des Bären vorüber war, zu dem siebenschlündigen Himmelsmanne, meinem Vater, erhob ich mich an dem teuren Ende der gleich dem Silber schallenden Eisenkette nach oben."


Die Macht des Stärkeren

Der frühere Bärenkult, seine Vergöttlichung und das ihn ehrende Fest seines Opfertodes hängt auch mit seiner riesigen Kraft, seiner menschenüberragenden Größe und seiner unberechenbaren Wut zusammen, die er entwickeln kann. Wenn er sich paaren will, tötet er die Jungen der Weibchen, da sie ohne diese sogleich wieder "willig", das heißt empfängnisbereit werden. Er bekämpft andere Bären, wenn er sich durch sie gereizt fühlt. Wie Naturfilmer in Einzelfällen beobachten konnten, töten manche Bären einen anderen, einfach weil sie es können. Ihre Aggressivität macht sie auch zu Einzelgängern. Andere Männchen neben sich duldet der Bär nur in Zeiten und Gegenden, in denen Nahrung im Überfluss zu haben ist. So erlebte ich das vor einigen Jahren im Katmai National Park in Alaska. Große feuerrote Lachse füllten den See, und schon aus der Luft, vom kleinen Wasserflugzeug aus, sah ich zehn und mehr Bären nah bei einander im Wasser stehen, alle mit Lachsfang und Fressen beschäftigt. Wir Menschen und die Bären nutzten die gleichen Wege am Ufer entlang. Weder die großen Männchen noch die Jungbären zeigten sich durch unsere Anwesenheit irritiert. Wir wichen ihnen respektvoll aus, dafür sorgten auch schon die Ranger.

Von einer Plattform am Seeufer aus konnte ich später den Bären aus großer Nähe bei ihrer Lachs-Fressorgie zusehen. Die Großen bissen oft nur die Köpfe der Lachse ab, und dann wurde gleich der nächste gegriffen. Die jüngeren und damit schwächeren Bären und auch die Bärinnen wichen den großen grundsätzlich aus und machten sich nur vorsichtig und sich meist zurückziehend, sobald ein Großer sich ihnen zuwandte, an die von diesen liegengelassenen Reste dran. Es war Herbst und für den langen Winter mußten sie sich so viel Speck wie möglich anfressen. Schräg unter mir stand ein junger Bär, und als mein Fotoapparat leise klickte blickte er erschrocken hoch, mir direkt in die Augen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie solche Angst in einem Blick gesehen. Es war eine verstörende Angst, es war Todesangst. Der junge Bär ging offensichtlich davon aus, das leise Klick habe ein anderer der Bären oberhalb von ihm verursacht. Sein Blick verriet die Angstspannung, unter der er in der Nähe so vieler anderer, auch stärkerer Bären stand. Mir wurde klar, unter welchem Terrorregime der großen Männchen die jungen Bären in der Wildnis aufwachsen - und warum die Bärinnen mit ihren Jungen diesen ausweichen, solange die Futterlage dies irgendwie möglich macht.

Mir fiel dazu der Begriff des "Russischen Bären" ein. Er ist eine nationale Personifikation Russlands und das Emblem der Partei "Einiges Russland", welche über die absolute Mehrheit (2018) im Russischen Parlament verfügt. Ich verstand plötzlich, wieso in Rußland seit ewigen Zeiten und immer noch eine absolutistische/autokratische Regierungsform herrscht: Es ist wie bei den Bären. Der Stärkere setzt sich brutal durch, er geht wie der Bär über Leichen, wenn es um seine Interessen geht. Und die Schwächeren nehmen es wie der Jungbär, dem ich aus vielleicht drei Metern Entfernung in die Augen sah, als Überlebensstrategie als gegeben hin. In der Litertur wird gelegentlich über die Leidensfähigkeit der "Russischen Seele" gesprochen. Dieser junge Bär litt auch.

Als Gegenpol zum "Russischen Bären" kann die Identifikation mit "Mütterchen Rußland" betrachtet werden. Die Erde, das Land in seiner Weite kann verbergen und schützen wie eine Mutter - eben auch vor der Herrschaft des Stärkeren, des Bären.


Mutter Erde

Ein Märchen der Gebr. Grimm, der Inhalt: Eine arme Witwe lebte einsam in einer Hütte. In ihrem Garten wuchsen zwei Rosenbäumchen, der eine trug weiße und der andere rote Rosen. Ihre zwei Töchter nannte sie nach diesen Rosenbäumchen Schneeweißchen und Rosenrot. Schneeweißchen liebte die Hausarbeit, sie war still und sanft. Rosenrot sprang lieber über die Wiesen und spielte mit den Vögeln, den Hasen und dem Hirsch. Eines Winterabends klopfte ein Bär an ihrer Tür. Die Mädchen erschraken, aber die Mutter lehrte sie, der Bär sei ein guter Freund, sie sollen sich nicht fürchten. Der Bär bat die Mädchen ihm den Schnee aus dem Fell zu klopfen. Bald wurde ein so wildes Spiel daraus, daß der Bär rief:

"Schneeweißchen und Rosenrot, schlägst dir den Freier tot." Der Bär blieb den ganzen Winter über bei der Mutter und ihren zwei Töchtern. Als es Frühling wurde, sagte der Bär, er müsse nun in die Welt hinaus und die Schätze der Erde vor den Räubereien der bösen Zwergen hüten. Er versprach, zum nächsten Winter wiederzukommen. Das Märchen erzählt jetzt weiter von den Abenteuern der Mädchen mit einem bösartigen Zwerg und endet dann so: Der böse Zwerg beschimpfte die Mädchen voll geifernder Wut. Da trat der große Bär aus dem Wald hervor und erschlug den Bösling mit einem einzigen Tatzenschlag. Die Mädchen waren glücklich. Dem Bären fiel sein braunes Fell von den Schultern, er war wieder der goldene Prinz, wie er es vor seiner Verzauberung durch den bösen Zwerg gewesen war. Schneeweißchen und der Prinz heirateten. Rosenrot heiratete den Bruder des Prinzen. (Und wenn sie nicht gestorben sind,...)

Die mythische Urfassung dieses alten Kindermärchens ist noch gut erkennbar. Es ist naheliegend die Mutter als Mutter Erde zu verstehen. Sie hat zwei Töchter: eine stille, häusliche, "weiße" Tochter, die als eine Personifizierung des Winters deutbar ist; und eine springlebendige, tierliebende, "rote" Tochter, die den Sommer darstellt. Der Bär ist Mutter Erdes großer Krieger. Im Winter lebt er in ihrer "Hütte", einer Höhle. Und im Sommer, wenn die Erde nicht mehr vom Eis beschützt ist, schützt er ihre Schätze vor den Räubereien der "bösen Zwerge", der gierigen, grabenden=grappschenden Menschen. Als Freier von Schneeweißchen und Rosenrot in Mutter Erdes Innerem, ihrer "Hütte", ist er auch ihr Geliebter.

Deuten wir den Zwerg auf psychologischer Ebene, so ist er ein Mann, der sozusagen geschrumpft ist auf die Aspekte Gier, Undankbarkeit und Dummheit. Jeder Mensch hat diese Aspekte in sich, sie können ihn verderben. Damit solch ein Zwergen-Mann nicht auch die Erde verdirbt, kommt der "Wilde Mann" als männliche, zerstörerische Urkraft der Erde selbst ins Spiel. In alten Zeiten symbolisierte der Bär diese Urkraft nicht nur, er schützte die Wildnis tatsächlich vor den Menschen. Wenn nötig tötete er sie wie den Zwerg im Märchen. Heute ist der Bär bei uns ausgerottet, seine Funktion haben Stürme und Brände, Erdbeben und Fluten übernommen. Denn Zerstörung fällt so oder so auf die Zerstörer zurück.

Deuten wir den Bär des Märchen psychologisch, so ist er der Antagonist des Zwergen, er ist die helle, große und großartige Seite der Männlichkeit. Er ist nicht verzwergt, im Gegenteil, der Bär ist im doppeltem Sinn groß, denn er hat die Gier nach Reichtum, nach den Schätzen der Erde aus seiner Seele verbannt, weil er liebt. Er liebt "Schneeweißchen", die stille Sanftmut des Winters und "Rosenrot", die heitere Ausgelassenheit des Sommers. Er liebt die Erde, und diese Liebe erlöst ihn aus seiner Instinkthaftigkeit: der "Wilde Mann" im Bärenpelz wird wieder zum edlen Prinzen, der er im Kern immer gewesen ist. Er wird zum Kulturträger im Einklang mit der Natur.


Wandel

Je mehr Herrschaft der Mensch im Laufe der Jahrtausende über die Natur gewann, um so weniger Respekt brachte er dem Bär entgegen. Im alten heidnischen Skandinavien hatte der Bär noch einen hohen Stellenwert wegen seiner Stärke. Es gab den Kriegerbund der "Berserker". Der Name heißt wörtlich übersetzt Bärenfellhemd. Die Männer tranken sich, wahrscheinlich mit Kräuter-Met, in einen Wutrausch hinein. Ihr Vorbild im Kampfe war der Bär. Man sagt, sie seien in ihrer Raserei unbesiegbar gewesen. Aus diesem Verständnis des Bären als purer Kraft entstand die Tradition, ihn so häufig als Wappentier zu wählen. Die Hauptstädte von Deutschland und der Schweiz, Berlin und Bern, haben den Bären nicht nur im Wappen, ihr Name läßt sich sogar von dem Wort Bär ableiten. Als symbolhafter Ausdruck sportlichen Gewinnwillens ist er auch heute noch zu finden: der Paderborner Fußballverein hat den Bären als Maskottchen!

Im späten Mittelalter war der Bär in ganz West- und Mittel-Europa ausgerottet. Man sah ihn nur noch auf Marktplätzen als Volksbelustigung: hilflos und gequält an einem eisernen Nasenring geführt mußte er "tanzen". Die Botschaft dieses Spektakels war: Der Mensch hat sich den Bären unterworfen! Der Mensch hat sich die Natur unterworfen! Der Bär wurde als der lächerliche Wilde Mann "vorgeführt". Die Wildnis hatte ihren Schrecken verloren.

Jetzt erleben wir erneut einen Wandel: In Worbis (Thüringen) gibt es einen "Alternativen Bärenpark", der Zirkusbären rettet. 2016 sah ich dort den letzten, traurigen "Tanzbären" Europas, er war in Rumänien aufgekauft worden. Ich freute mich sehr. Die Wildnis gewinnt wieder an Wert, es wächst das Verständnis für Ihre Schätze an Schönheit, an genetischer Vielfalt, ihre perfekte Vernetzung zum Erhalt des Einzelnen sowie der Gesamtheit ist Vorbild und Forschungsthema geworden.

Im letzten Jahrhundert wurde der Bär zum Inbegriff des Kindlichen, zum Spielzeug "Teddybär". Aus dem Urbild männlicher und weiblicher Kraft wurde das Bild spielerischer Harmlosigkeit. Dies spiegelt, wie sehr der Mensch die Natur heute insgesamt beherrscht. Symbole für Männlichkeit wurden technische Geräte, wie Motorräder und Revolver. Symbole für Mütterlichkeit sind Wohltätigkeitsorganisationen geworden. Es wäre not-wendig und heilsam für uns und unsere Erde, könnten wir den von uns allen geliebten "Teddybär" wieder zu seiner vollen Größe wachsen lassen.


Selbstwerdung
Ein indianischer Medizinmann weiß:

Der Bär zieht sich für den Winterschlaf in eine Höhle zurück, in den Bauch von Mutter Erde. Er weiß, daß er alle Antworten auf alle Fragen in sich selbst hören kann, sobald die Welt für ihn still geworden ist, sobald er selbst ganz stille ist. Wenn das Denken und Tun aufhört, beginnt das Träumen und Wissen. Die Bärenhöhle ist eine Traumhütte. Die Visionen bereiten sich hier vor, Wirklichkeit zu werden. Genau so wie ein Embryo sich in der Bauchhöhle vorbereitet, ein Mensch zu werden.

Der Bär zeigt uns die Kunst der Selbstbetrachtung, Selbstwerdung und der Selbstgestaltung. Wir sind nicht auf dieser Erde um vollkommen zu werden, sondern immer mehr wir selbst. Der Bär lehrt uns, wie wir in unserer Stille die Keime unserer Zukunft pflanzen können. Lernen wir dies vom Bären, so ist die Belohnung wunderbar: Wie er fühlen wir uns nicht einsam, wenn wir alleine sind. Wie er erfahren wir die Schönheit eines Sonnenuntergangs und finden den süßen Honig, die Freuden und Spiele des Lebens.


"Ein friedvolles Tal" von Maggie M. Roe

Ein Hochgebirgstal, karg, Felsen und Eis. Ein Tal still und einsam. Die Bärenmutter sitzt aufrecht und wach neben ihrem Kind. Wir sehen es nicht, aber sie könnte wie ein Yogi mit ineinander gefalteten Beinen sitzen. Sie überschaut das stille Tal, sie scheint wie ein Wächter diese Stille zu hüten.

Über dem Tal schwebt die Vision, die Bärenmutter von sich selber hat. Ein Kreis, die Linie ohne Anfang und ohne Ende, umhüllt sie. Sie selbst ist ganz rund in diesem Kreis geworden. Alle Konzentration richtet sich in diesem Mandala nach innen, zum Zentrum. Alle Energie ist in dieser Mitte konzentriert, diese Mitte, die Frieden bedeutet. Bärenmutters Nase - ihre Wachsamkeit, und ihre eingezogenen Krallen - ihre Wehrhaftigkeit, bilden die Achse dieses Kreises, ihres Kraftkreises, den keine innere Dissonanz stört.

Das Bärenjunge schmiegt sich an seine Mutter. Mutter und Kind ist die ursprüngliche, die instinktiv stärkste Bindung bei uns und allen anderen Säugetieren. Diese Bärin ist Mutter, ist Schutz, Nahrung, Halt, Sicherheit und Vorbild für ihr Junges. Man kann auch sagen sie ist sein Ein und Alles, um sich in dieser Welt nicht verloren zu fühlen, ja um zu überleben. Mutter Bärin zieht ihre Kraft aus der Ruhe ihrer eigenen Mitte. Ich möchte diese Kraft Nabelkraft nennen. Durch diese weiß die Bärin sich mit Mutter Erde selbst verbunden, ernährt und geführt. Wir nennen es auch Liebe.


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Cornelia Savory-Deermann Cornelia Savory-Deermann

Cornelia
Savory-Deermann
, geboren 1945 in Wuppertal, hat seit 1971 Englische Bulldoggen. Seit Mai 2005 haben die Bulldogs hier ihr eigenes deutsches Weblog bekommen:

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Die Buchkapitel:

Inhalt

Einleitung

Tiere als Spiegel der Seele

Tiere als Sinnbild der Kultur

Bilder von Maggie M. Roe

1. Adler
2. Bär, Bärin
3. Biber
4. Biene
5. Delphin
6. Esel
7. Eule
8. Falke
9. Fisch
10. Fledermaus
11. Frosch, Kröte
12. Fuchs
13. Gans
14. Hase
15. Hirsch
16. Huhn, Hahn
17. Hund
18. Katze, Kater
19. Krebs
20. Kuh, Stier
21. Maus
22. Möwe
23. Mücke
24. Muschel
25. Otter
26. Pferd
27. Rabe
28. Ratte
29. Reh
30. Schaf, Widder
31. Schildkröte
32. Schlange
33. Schmetterling
34. Schwan
35. Schwein, Eber
36. Seehund
37. Spinne
38. Storch
39. Taube
40. Wal
41. Wolf
42. Ziege, Z-Bock

Literatur-Verzeichnis




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