Tiere als Spiegel der Seele und Sinnbild der Kultur
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Möwe
Alle geflügelten Tiere, von Schwänen bis zu Mücken, wurden seit ewigen Zeiten als dem Reich der Luft, der Welt des Unsichbaren aber Fühlbaren zugehörig, mit Geistern, Engeln, Dämonen und auch Seelen in Verbindung gebracht. Die Möwe als Vogel der See galt speziell als Seelenträger von Seefahrern. In der Bretagne zum Beispiel hielt man sie für die Seelen Ertrunkener, im klassischen Griechenland für die Seelen grausamer Schiffskapitäne. Tötete man Möwen, so setzte man sich der Gefahr aus, von diesen Seelen als Rache Unglück zu erfahren oder auch auf dem Meer zu sterben. Bei den Juden war es verboten Möwen zu verspeisen. Dies läßt darauf schließen, dass sie auch dort heilige Tiere oder als Seelen tabu waren. Sie galten auch, wie zum Beispiel in der Bretagne, als magische Helfer, welche die Frauen anriefen, damit sie ihren Männern auf See beistünden. Sie umtanzten in solchen Ritualen einen hohen Stein und erkletterten ihn. Der sexuelle Bezug dieses Rituals ist evident. In diesen Sinn waren die Möwen vermutlich in Griechenland der Liebesgöttin Aphrodite heilig. Der englische Name der Möwen ist "Gull", der bretonische "Goleans", zu deutsch "die Gellenden", es bezieht sich auf ihren Schrei. Die indogerm. Wortsilbe "ghel"= rufen/schreien steht dahinter. Sie wurde als Schrei des Meeres, als sein Ruf verstanden. Der deutsche Name "Möwe" altfranz. "miawe" scheint mir mit engl. "move", lat. "movere", das heißt mit "Bewegung" zusamen zu hängen. Die Möwen sind wie das Meer, auf dem sie schaukeln, und wie der Wind, in dem sie sie sich wiegen, sie sind immer in Bewegung. Möwen erscheinen als der Atem und der Ruf der See. Dieses Moment wird besonders in den heutigen Deutungen der Möwe als Krafttier aufgegriffen. Sie gilt als Seelenführein durch die Gezeiten des Lebens und macht sichtbar, was intuitiv schon gewußt, und was in faktische Realität umgesetzt sein will. Möwen sammeln sich dort über dem Meer, wo sie Fischschwärme erspähen. Deshalb folgen sie auch Schiffen gerne, denn in deren Kielwasser gibt es es oft Essensabfälle zu fischen. In Nordeuropa galten sie ob ihrer Fähigkeit der Fischortung damit Fang- und auch Wettervorhersager. In Nordeuropa hieß es, wenn die Möwen aufs Land fliegen, gibt es Sturm; oder auch wenn die Möwen laut schreien, dann gibt es keinen Fang mehr.
Ein sehr poetisches Märchen "Inge die Möwe" von Helene Freifrau von Schrötter (http://gutenberg.spiegel.de/buch/-5946/26) erzählt von der gefährlichen Macht der Fluten und des Sturmes und von den guten Möwen, die davor so manchen Schiffer warnten und damit retteten. Der Inhalt: Ein alter Seehund erzählt den jungen um sich herum die Geschichte von den Möwen an der Elbmündung. Dort besaß ein friesischer Deichgraf viel Land und anderes Vermögen. Sein Stolz war seine schöne Tochter Inge, er sorgte sich, die mächtige Wasserfee der Elbe könne ihr etwas antun. Er hatte aus Angst vor ihrer kalten Schönheit sie in jungen Jahren zurückgewiesen, und darauf war sie Rache schwörend als wilde Flutwelle verschwunden. Er baute Deiche und ließ Land aufschütten, um sich vor ihr zu schützen und erlaubte seiner Tochter nicht an ein Ufer zu gehen. Viele Bewohner des Alten Landes hatten der Elbnixe Zorn schon erfahren, sie hatte sich den Sturmgott dazu als Verbündeten geholt und feierte mit ihm wilde Hochzeit im Brausen der Brandung gefeiert. Inge, des Deichgrafen Tochter hatte sich einem jungen Schiffer beim Osterfeuer am Hünengrab versprochen. Sie hatte Sehnsucht nach ihm und lief fort zu ihm ans Elbufer. Dort war sie der Elbnixe verfalllen, und diese verwandelte Inge in eine kleine weiße Möwe. Der Wind verschlug sie nach Helgoland (hyllige Land), wo die Elbnixe mit dem Sturmgott in einem Schloß hauste. Sie wurde die Dienerin und Botin der Elbnixe. Möwen waren die Wetter- und damit Schicksalsbotinnen der Nixe an die Schiffer, sie warnten oder täuschten sie. Wann immer Möwe Inge ihren Liebsten in seinem Schiff sah, flog sie zu ihm und begleitete ihn auf einem Mast sitzend. Der junge Schiffer schloß die Möwe in sein Herz. Die Elbnixe erfuhr davon, aber Möwe Inge warnte ihren geliebten Schiffer vor ihrem Zorn. Er war an Land bevor ihn die Zorneswellen vernichten konnten. Er verkaufte sein Schiff und bezog mit seiner Lebensretterin Möwe Inge ein Häuschen. Ihren Lebensunterhalt verdiente er als Bootsbauer. Eines Tages erfuhr er von der Strandmutter, einer guten Zauberin. Er fuhr hin und diese zerschnitt das Zungenband der Möwe Inge, die nun sprechen konnte und ihm sagte, wer sie sei. Beide waren überglücklich. Strandmutter veriet ihnen noch, dass ein gefangener Seehund in Hamburg das Geheimnis wisse, wie Inge erlöst werden könne. Die beiden machten sich auf den Weg dorthin. Der erzählende Seehund sagt nun stolz, dass er dieser Seehund im Hamburger Zoo war und berichtet weiter: Der Seehund wußte um den Fluch der Elbnixe ›Nicht eher sollst du wieder menschliche Gestalt erlangen, als bis dich eine treue Seele um Mitternacht auf die Schwelle deines Elternhauses niederleget.‹ Aus Dankbarkeit erlöste nun der junge Schiffer den noch jungen Seehund aus seinem Zoogefängnis. Er trug ihn unter Geahren bis an die See. Möwe Inge legte er wie gefordert auf ihres Vaters Schwelle. Sie verwandelte sich zurück in die schöne Friesin Inge. (Und wenn sie nicht gestorben sind, ...) In diesem Märchen wird die alte Bedeutung der Möwe als heiliges Tier der Liebesgöttin ausgestaltet. Aber nicht der erotische Liebesaspekt steht im Zentrum, sondern Qualitäten wie Treue, Fürsorge und Verlässlichkeit. In der Natur und ihren ungebändigten Kräften besonders ausgesetzten Erdgegenden, wie die Nordseeküste es ist, waren solche Tugenden oft lebensentscheidend. Archetypisch betrachtet läßt sich sagen, es wird in diesem Märchen der Weg beschrieben, wie ein verliebtes jungen Mädchen und ein verliebter junger Mann zu liebesfähigen Erwachsenen reifen. Des jungen Schiffers Anima ist zunächst (als Möwe) unbewußt (sprachlos), als Ahnung von Schönheit und Treue (er mag die immer wiederkehrende Möwe) in ihm wirksam. Eine vage Andeutung sexuellen Glücks (sie sitzt auf seinem Schiffsmast) ist in diesem Animabild aber versteckt. Der junge Mann folgt den Impulsen seiner Anima, da er in ihnen Liebe fühlt, er intergriert sie nach und nach in sein Bewußtsein (nimmt die Möwe in sein Haus). Eine höhere Instanz in ihm (alte Zauberin) hilft ihm sie als Innere Stimme wahrzunehmen (Zauberin bringt die Möwe zum sprechen). Sein Animus (junger Seehund) gibt ihm den Schlüssel zum vollen Erwachen seiner Anima (Rückverzauberung der Möwe in eine Frau) und innerlich daran gekoppelt ist die Befreiung seines Animus (befreit den Seehund aus dem Zoo) aus Konvention hin zu natürlicher Entfaltung. Die "Heilige Hochzeit" kann geschehen. Der jungen Friesin Inge´s Anima durchläuft einen etwas anderen Reifungsprozess. Inge war vom Reich des Wassers, der Gefühle und der Erotik vom Vater ferngehalten worden (er hielt sie vor der Begegnung mit der Elbe und der See fern). Aber sie hat Sehnsucht danach, und sie braucht zu ihrem Erwachsenwerden ein Vertrautwerden mit diesen Kräften. Sie begibt sich, ihrem inneren Wachstumsimpuls folgend, ins Reich der verschlingenden Aspekte der Großen Mutter (ans Ufer des Reiches der Elbnixe) und gerät hinein (wird zur Möve verzaubert). In der Pubertät wird die ins Leben einbrechende Sexualität oft als gefährliche Urgewalt erlebt. Inges Anima behält aber im Reich der sich entwickelnden Sexualität (Reich der See) ihre mädchenhafte Zartheit (silbrige kleine Möwe). Die Möve symbolisiert hier den sanften, und engelhaften Gegenpol zur dämonischen Elbnixe. Synchron mit Inges Anima entwickelt sich ihr innerer Animus (Schiffer mag die Möve) aber sie kommunizieren noch nicht jenseits ihrer Gefühlswelt (Wasserwelt - Schiff und Möwe) miteinander (Inge-Möwe ist stumm). Zum Reifeprozess des Erwachsenwerdens gehört die Integration der Erdkraft. Inges Animus gibt den Impuls dazu (ziehen in ein Haus und er verkauft sein Schiff), und er treibt diesen Prozess auch voran (findet die Strandmutter). Inge bekommt wieder inneren Kontakt zu den anderen Anteilen ihrer Persönlichkeit (kann wieder sprechen). Den letzten Schritt zu ihrer Reifung leitet erneut ihr Animus ein, indem er zu seiner vollen Kraft erblüht (findet und befreit den Seehund). Die Vollendung des Entwicklungsprozesses vom Mädchen zur Frau ist an eine Bedingung, eine Vorraussetzung geknüpft (als bis dich eine treue Seele um Mitternacht auf die Schwelle deines Elternhauses niederleget). Es geht um eine "Neugeburt". Inge muß sich von ihrem Vater lösen, der sie vor der Welt des Wassers und seinen Geschenken sowie Gefahren abgeschottet hatte. Man könnte ihn ihr angstbesetztes Überich nennen, das von Angst zu Liebe erwachen muß. Man kann dieses Bild des "vor die Schwelle des Elternhauses legen" aber auch so interpretieren, dass der Vater durch die Reifung seiner Tochter, durch ihre Emanzipation von ihm, seine eigene Anima (erwachsene Inge) "in sein Haus" in seine Persönlichkeit integriert. Das Märchen erzählt, wie die Reifungsprozesse eines Mädchens, seines Geliebten und seines Vaters ganz in Resonanz miteinander stehen.
Wie alles in einer polaren Welt ist die Möwe Sinnbild lebensförderlicher wie lebensfeindlicher Absichten oder Taten. Der kriegerische, machtgierige Aspekt in menschlichen Seelen ist Leitmotiv von den Seelenmöwen in Legenden um "König Abel". Zunächst der historische Hintergrund: Im 13. Jahrhundert kämpften die Söhne Erik und Abel des Königs Waldemar II. von Dänemark nach dessen Tod um den Thron. In diesem Bruderkrieg lockte der jüngere Bruder Abel seinen älteren Bruder Erik unter dem Vorwand von Friedensgesprächen in eine Falle und ließ ihn in einem Boot auf der Schlei von 24 seiner Ritter ermorden. Um diesen Brudermord ranken sich die Legenden. Der Inhalt: Nahe vor Schleswig, wo König Abels Schloss stand, liegt eine kleine Insel in der Schlei, auf der viele Möwen nisten. Die Stadt bestellte ihnen einen Hüter, der Möwenkönig genannt wurde. Bei jeder dritten Brut im Jahr erhebt sich Sonntag Mittag, am Tag des Möwenspieß ein Sturm, die Knaben werfen die nakten Jungen aus dem Nest und die Männer erschießen die Eltermöwen von Booten aus. Die Überlebenden kehren traurig im nächsten Jahr zur Brut zurück. Die Möwen sollen Abels Ritter sein, die in seinem Auftrag seinen Bruder Erik ermordeten. Nur wenn der Möwenkönig nicht Acht gibt und die Möwen vor dem Tag des Möwenspieß die Insel verlassen können, haben sie für sieben Jahre Ruhe. Und nach dreimal sieben Jahren sind sie als Seelenmöwen erlöst.
Sturmerprobte Möwen sind ein bis ins 20. Jahrhundert hinein ein Sinnbild für Krieger. Sie treten wie diese immer in Scharen auf, sie können sich auch äußerst aggressiv zeigen, wenn es um Futter, oder allgemein gesagt um Sicherung und Anreicherung ihrer Resourcen geht. Gierige Möwenscharen - Krieg und Heerscharen. Um die Wende ins 20. Jahrhundert ist die Welt in Unruhe, große Umbrüche bahnen sich an. Über Europa ziehen Stürme hinweg: ich nenne nur den 1. Weltkrieg, der Europa neu ordnet und etwas weiter demokratisiert, und die Russische Revolution, die 1917 das Zarentum hinweg fegt. Die Möwe wird zum Sinnbild des inneren Schmerzes über verlorene Träume von Sieg und Utopien von Freiheit:
Der 1. Weltkrieg traumatisierte die Völker. Die Möwe wurde zum Symbol des Verlorengehens und des Verlorengegangenen durch diesen Krieg. Die
Sehnsucht nach Frieden und Heimat drückt sich in manchen Soldatenliedern aus. Günther Schwenn (1903-1991) dichtete: In Rußland verläuft die Entwicklung anders als im westlicheren Europa, eine Demokratisierung findet nicht statt. Den Traum von der totalen Freiheit des Einzelnen und der Schmerz über die Erkenntnis ihrer faktischen Begrenztheit vermittelt Anton Tschechow (1860 - 1904) in dem Drama "Die Möwe". Es spielt im zaristischen Rußland auf einem Landgut, und die Möwe symbolisiert ein freies, nicht mehr von irgendeiner Konventionen bestimmtes Leben, das eine Gruppe von Künstlern zu realisieren versucht. Aber erfolglos, der Held begeht Selbstmord und die Möwe wird erschossen. Ein von Regeln völlig freies Leben, für welches die Möwe in diesem Drama Modell steht, erweist sich als unerreichbare Utopie. Bezeichnend ist, das Tschechow eine einzelne Möwe als Symboltier wählte - Möwen leben in Scharen, so wie Menschen in Gruppen. Verfolgt jedes Mitglied einer Schar oder Gruppe nur seine eigenen Ideen und Interessen, so schadet jeder jedem irgenwann und irgendwie. Das, was das "Böse" genannt wird, geschieht nur durch solchen Selbstbezug, durch Absonderung (davon leitet sich das Wort "Sünde" ab) aus der Vernetzung allen Lebens. In diesem Drama deutet sich die kommende Zeit der Anarchie an. Und Anarchie wird typischerweise, so wie auch in Rußland, von einer Diktatur beendet. Wie alles in einer nur polar erlebbaren Welt, trägt auch die Möwe als Symbol ihr Gegenteil in sich. Sie bedeutet Fernweh und Heimweh, Freiheit und Grenzen, und als Gegenpol zum Kämpfen trägt sie auch als Symboltier die Gabe des Dichtens und der Inspiration in sich.
Die Möwe ist ein Vogel des Sturmes, aber auch des sanften Windes. Sie inspiriert zu Liedern und Gedichten. Aus meiner Kindheit kenne ich noch das Lied: "Weiße Möwen sah ich fliegen, Möwen schnee- und silberweiß, sah sie sich im Winde wiegen, in dem Winde hell und heiß."
Die Möwe ist auch Inbegriff der Ferne bis zu den Horizonten der Sterne, der Sehnsucht und der Suche.
In einem Gedicht von Heinrich Heine (1779 - 1856) "Das ist eine weiße Möwe" spiegelt sie Gefühle der Melancholie, des Vagen und nicht Erfragbaren:
Besonders schön beschreibt Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898) in seinem Gedicht
"Möwenflug", wie sich im Wasser spiegelnde Möwen die Frage nach der Natur der Realität in ihm aufsteigen lassen:
Der Pilot und preisgekrönte Autor Richard Bach (geb. 1936) greift in seinem Kultbuch "Die Möwe Jonathan" das Thema Freiheit und Grenzen auf. Er spricht dabei nie von der Freiheit von (wie oben Tschechow), sondern immer von der Freiheit für. Dieses "Für" steht bei ihm für das volle Ausleben all dessen, was in einem Wesen angelegt ist und seine Werterfüllung erfahren will. Für die Möwe Jonathan heißt das zu fliegen, Fliegen als Kunst, als Herausforderung bis zu Grenzerfahrungen, als Extase und Offenbarung. Damit gerät Jonathan in Konflikt mit der Masse der anderen Möwen, die fliegen zum zu fressen. Sie begreifen nicht, warum man fliegen um des Fliegens willen sollte. Sie fliegen um zu überleben, aber Jonathan fliegt um zu leben. Sein Lebenssinn ist das Streben in den Kern all dessen hinein, was ihn ausmacht. Und er will den Mut zu der Glückserfahrung, dass das Fliegen an sich die Erfüllung des Daseins ist - und nicht das Fressen - nach seinem Tod als Lehrer in den anderen Möwen erwecken. Fliegen ist für Richard Bach ein spiritueller Prozess, der in der Körperlichkeit erfahrbar ist, da er dieser etwas von ihrer Raumzeit bedingten Schwerkraft nimmt. Jonathan liebt sich im Kunstflug zu üben und so mit der Schwerkraft zu spielen. Er spiegelt den Ausnahmemenschen, einen Menschen, der frei genug ist, Dogmen und Axiome als menschliche Konstrukte zu durchschauen. Als Beispiele fallen mir Gallileo und Einstein, aber auch Buddha und der Mensch Jesus ein.
Fliegen kann wie eine Droge sein, für mich ist sie es. Es macht mich im doppelten Sinne "high", es kann den "Ereignishorizont" irdischer Sicht ins Transzendente verschieben. Vor mehr als 30 Jahren nahm ein Fliegerfreund meines Mannes, der begnadete Kunstflieger Anton Trugge, der, kaum erwachsen, in den letzten Kriegstagen noch auf einer Messerschmitt 109 und einer Focker-Wulf 190 zum Einsatz gekommen war, mich aus eigenem Antrieb in einem offenen Doppeldecker (Bücker Jungmann, D-EOMM) einmal zu einer Kunstflugübung mit in die Luft. Bitten um ein Mitfliegen nützte bei ihm nichts, das war bekannt, und Geld nahm er dafür sowieso nicht an. Er entschied nach Instinkt, wen er, wenn überhaupt, mitfliegen ließ. Heute noch einmal als später Nachruf: Anton, danke für das Geschenk dieser Erfahrung! Mit fünf Gurten schnallte mich mein Mann so fest, dass ich protestierte, aber er meinte: "Du wirst froh darüber sein, wenn du mit dem Kopf nach unten noch den Sitz über dir fühlen kannst." Die folgende halbe Stunde war eine der Sternstunden meines ganzen Lebens: ich trudelte, fiel, stieg, wurde schwerelos, dann tonnenschwer, ich drehte, stürzte, stieg, umtanzte Erde und Himmel. Ich spürte den Wind über, neben und auch unter mir... Das freie Spielen in der Luft ist eine existentielle Erfahrung von bodenlos und doch gehalten zu sein. Wieder am Boden erwarteten die Freunde mich käsebleich und mit revoltierendem Magen aussteigen zu sehen. Mein über-irdisches Lächeln verstanden sie nicht. Ich dachte wieder an die "Möwe Jonathan", die ich gerade kurz zuvor gelesen hatte - und die mir nun in und durch Anton als großes Glück tatsächlich begegnet war. (C.G. Jung nannte solche "Zufälle" Synchronizitäten; heutzutage wird in der Regel vom Resonanzgesetz gesprochen.) Die Freunde nannten mich mutig, ich selbst hatte dagegen nur eine Sehnsucht gespürt - und diese war in Dank verwandelt worden.... Angst ist die Gegenspielerin der Liebe, und damit auch die Gegenspielerin des Glücks. Warum sich der Angst aus Angst hingeben? Ich schreibe dies als Ermutigung - und es muß nicht das Fliegen sein, Tauchen tut´s auch ;-)
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