Tiere als Spiegel der Seele und Sinnbild der Kultur
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Mücke


Zum Symbol, zum Sinnbild gewordene Eigenschaften

  • Mücken übertragen höchst gefährliche Krankheiten, z.B. Malaria. Seit biblichen Zeiten sind sie den Menschen eine Plage. Durch die Erderwärmung breiten sie sich als Krankheitsüberträger weiter aus. Sie symolisieren in diesem Sinn Tod und Sterben.
  • Mücken sind filigran und fast durchsichtig. Dies Schemenhafte ließ sie als Seele aber auch als Dämon begreifen. Sie treten oft in Schwärmen auf, was sie als Einzelne fast unangreifbar macht. So symbolisieren sie die Macht des Unausweichlichen.
  • So schattenartig, so klein sind Mücken. Sie können in Nasenlöchern oder Mund landen und, wie geglaubt wurde, im Kopf den Wahnsinn erzeugen. Sie stehen für das Kleine, das große Wirkung, das sogar Gefühle von Ohnmacht ihm gegenüber entwickeln kann.


Die Plagegeister

Wohl jeder erlebte Mücken schon einmal als Plagegeister. Sie stechen, saugen unser Blutes und hinterlassen im Gegenzug gerne Krankheiten. Ihre Stiche jucken, lassen keine Ruhe, sie zwingen zum Kratzen, es ist wie ein pervertiertes Lustgefühl.

Im Alten Testament werden Mücken als die dritte Plage genannt, die nach Jahwe´s Willen Israels Feind Ägypten heimsucht: "Aaron reckte seine Hand aus mit seinem Stabe und schlug in den Staub auf der Erde. Und es kamen Mücken und setzten sich an die Menschen und an das Vieh; aller Staub der Erde ward zu Mücken in ganz Ägyptenland" (2. Buch Mose). Der Bezug zum Staub der Erde ist bezeichnend, denn der Mensch zerfällt zu Staub, Staub bedeutet Tod, und die Mücken bringen Tod. Tod schafft Tod, so wie Leben Leben erzeugt. Die Mücke steht damit auch nach wie vor für den dritten Aspekt der Großen Erdmutter, der Todesgöttin.

Durch die Klimaerwärmung verbreiten sich viele (sub)tropische Mückenarten, wie z. B. Anopheles als Malarieüberträgerin oder Aedes als Überträgrin des Dengue-Fiebers weiter in den Norden aus. Die WHO meldete Ende 2017 wieder eine Zunahme der Malariafälle. Die Parasiten und Viren, welche von den Mücken übertragen werden, passen sich schneller den immer wieder neuen Medikamenten an, als diese entwickelt werden können. Mücken sind eine Plage geblieben - und werden es auch bleiben: als Überträgerin vieler tödlicher Krankheiten wird die Mücke heute als das gefährlichste Tier der Welt eingestuft.


Mückenseele, Mückenhexe, Fliegengott

In den nicht malariagefährdeten Gebieten Nordeuropas galten Mücken auch nicht als Krankheitheitsdämonen, sondern wegen ihrer zart filigranen Erscheinung und ihrer transparenten Flügel hielt man sie für Seelen, die auf ihre Verkörperung warteten. In Schlesien hieß die Große Mutter "Mückentrulle", da bei ihr die Seelen vor ihrer Geburt und nach ihrem Tod verweilten. Auf den Glauben an Seelen in Mückengestalt weist auch eine Redewendung aus dem Salzburger Land hin: "Du bist noch nicht mit den Mücken herum geflogen". Das meinte: da warst du noch nicht geboren. Und in einem Märchen aus Siebenbürgen erweckt eine Mücke eine tote Frau zum Leben, indem sie ihr als Seele in den Mund fliegt.

Mücken waren einerseits Seelen, andererseits galten sie aber auch als Hexen. Als solche konnten sie als Unheilbringerinnen im Mund eines Menschen landen und geschluckt werden. Gähnen galt deswegen als gefährlich, und die heute als Anstandsregel geltende Geste, sich beim Gähnen die Hand vor den Mund zu halten, war ursprünglich eine Schutzhaltung gegen Mückenschwärme. Landete eine von ihnen im Mund, so galt sie als Auslöserin von Wahnsinn, daher die Redewendung: "Du hast ´ne Mücke im Kopf". Die Angst vor Wahnsinn steht in Zusammenhang mit der Angst vor Verzauberung, Verfluchung, Besessenheit - oder modern formuliert vor Kontrollverlust. Hexen, Dämonen und der Teufel wurden dafür verantwortlich gemacht: Mücken-Hexen, Fliegen-Dämone und Beelzebub.

Als Dämon und Gestalt des Teufels wurden Mücken und Fliegen oft gleichgesetzt. "Beelzebub" ist der "Herr der Fliegen", der zum Synonym für "Teufel" wurde. "Ba’al" war ein Titel und meinte "Herr", und "Baal Zebul" hieß "Erhabener Herr". "Baal" war ein vormosaischer Gott, der wie alles andere Heilige aus dieser Zeit zugunsten des neuen Gottes Jahwe abgewertet, verteufelt und in den Dreck gezogen wurde - man denke z.B. nur an die Schlange, das Schwein und die Abwertung von Erde als Dreck. Der ehemals "Erhabene Herr" wurde als "Herrn der Fliegen" und als "Herr des Misthaufens" verspottet. Aus dem alten Begriff "Ba’al" leitet sich übrigens hebräisch "El" und arabisch "Allah" ab: der "Herr" blieb auch als ein Anderer der "Herr".

Die häufige Gleichsetzung von Mücke und Fliege zeigt sich sprachlich auch hier: "Mosca" heißt in Spanisch "Fliege", und "Mosquito" ist die "Kleine Fliege", eben die Mücke.


Mücke, Schwalbe und der Wind

Schlange und Mücke wurden oft als Verbündete in ihrer Feindschaft zum Menschen erlebt. Dieses Gefühl zeigt sich in vielen Varianten eines Mückenmärchens aus den sibirischen Weiten und aus Nahost, hier eine Variante aus dem Wolgaraum:

Die Schlange schickt die Mücke aus um zu erkunden welches Blut am süßesten schmecke. Aber bevor die Mücke ihr bei ihrer Rückkehr erzählen kann, dass Menschenblut den allerherrlichsten Geschmack habe, reißt eine Schwalbe der Mücke ihre Zunge heraus. Seitdem kann diese nur noch mit den Flügeln zirpen. Die Schlange ist über die Schwalbe so erbost, dass sie diese am Schwanze packt. Sie kann sie aber nicht festhalten, sie reißt ihr nur die Mitte ihres Schwanzes heraus. Seitdem hat die Schwalbe einen Gabelschwanz.

Die Schwalbe erscheint in diesen Märchen als Schützerin der Menschen. Ein Schwalbennest am Haus bedeutete Glück. Schwalben bringen mit dem Sommer Licht, Wärme und die Liebesfreuden. Wichtig ist aber auch, dass die Schwalbe sich von Mücken ernährt. Sie fliegt in die Mückenschwärme hinein, um sie im Flug zu verschlucken. Mücken und Schwalben stehen für die Polarität des Sommers: die Mücke für seine dunkle Seite, dunkel wie ein Mückenschwarm sich ja tatsächlich zeigt. Die Schwalbe versinnbildlicht die lichten, heiteren Aspekte des Sommers.

Mückenschwärme reagieren sensibel auf den Luftdruck. Fliegt ein Schwarm tief, so naht ein Tiefdruckgebiet und damit schlechteres Wetter. Bei sich anbahnender Hochdrucklage, also bei sich besserndem Wetter, fliegen die Mückenschwärme wieder höher. Sie machen somit tatsächlich eine Wettervorhersage. Nicht nur der Luftdruck, auch Luftbewegungen sind für Mückenschwärme wichtig. Schwalben fressen die Mücken nicht nur, sie vertreiben diese auch durch ihren Flug, denn sie erzeugen damit die Mücken irritierende Luftströmungen. Mücken sind Wind gegenüber machtlos, er treibt sie hin, wohin er will. Damit fordert die Mücke symbolhaft dazu auf, sich zu bewegen, etwas zu ändern, um eine Krankheit oder sonst ein Unheil zu beenden.


Die Macht des Kleinen

In der Jüdische Legende "Die Titusmücke" wird erzählt, wie eine Mücke einen Menschen in Wahnsinn und Tod treibt, der starrsinnig nichts in sich ändern will:

Der Eroberer Jerusalems (69 n.Ch), Titus, war ein hochmütiger Kriegsherr. Bevor er in den Tempel Jerusalems hereinbrach, um ihn zu zerstören und alle heiligen Gegenstände aus dem innersten Bereich zu erbeuten, rief er höhnisch aus: "Wo ist denn der Gott Israels, auf dessen Hilfe sie so fest vertrauten? Er ist nicht im Stande ihnen beizustehen!" Auf seiner anschließenden Heimfahrt über das Meer nach Rom erhob sich ein rasender Sturm, der das Schiff bald hochwarf, bald in den tiefen Meeresgrund zu ziehen drohte, es war dem Untergang nahe. "Das ist die Rache des Gottes der Juden", rief er immer weiter lästernd. "Er hat wohl nur auf dem Wasser Macht, möge er sich doch auf dem Festland mit mir messen, wenn er es kann." Da ertönte eine Stimme: "Wie wagst du es, in deiner Torheit gegen deinen Schöpfer so zu sprechen? Siehe, das unbedeutendste meiner Geschöpfe lasse ich gegen dich los, und dieses wird deine ganze irdische Größe zerstören."

Der Sturm legte sich und das Schiff landete glücklich in Italien. Doch kaum hatte Titus das Festland betreten, da flog ihm eine Mücke in die Nase und kroch ihm in den Kopf hinauf. Trotz aller Anstrengung konnte er sie nicht ausnießen oder sonstwie entfernen, sie marterte ihn täglich und quälte ihn so, dass er keine Ruhe mehr fand. Unaufhörlich wühlte und summte die Mücke in seinem Kopf und und plagte ihn, sein Leben wurde zu seiner Qual. Einmal ging er an einer Schmiede vorbei, da fühlte er plötzlich Erleichterung, denn bei dem Getöse der Hammerschläge war die Mücke erschrocken und hatte nachgelassen zu bohren. Er war glücklich in diesem Lärm ein Mittel gefunden zu haben, um die Mücke in seinem Kopf still werden zu lassen. Jeden Tag bestellte er einen Schmied zu sich, der vor ihm auf den Amboss hämmerte. Einem Nichtjuden bezahlte er vier Münzen und einem Juden sagte er: "Begnüge dich damit, dass du deinen Feind in seinem Schmerz siehst." Doch nach dreißig Tagen hatte sich die Mücke an den Lärm gewöhnt und marterte ihn im Kopf summend und stechend weiter. Nach sieben Jahren erlag er seinem furchtbaren Leiden. Die Ärzte öffneten nach seinem Tode seinen Kopf und fanden darin eine Mücke, die bereits die Größe einer jungen Taube erreicht hatte.

Diese Legende erzählt exemplarisch, dass man aus der Größe von Was-auch-immer nicht naiv Rückschlüsse auf seine Wirkkraft ziehen kann. Titus´ "Mücke im Kopf" läßt mich an einen quälenden Tinnitus denken, zu dem die "Innere Stimme" eines Menschen - manche würden sie das schlechte Gewissen nennen - sich verwandeln kann, um bei innerer Taubheit doch noch auf sich aufmerksam zu machen. Lautes Getöse der Außenwelt (Hammerschläge), Ablenkung durch das Außen kann nicht auf Dauer dieses innere "Getöse", die innere Stimme unterdrücken.

Die Mücke steht in dieser Legende für Tod und Qualen, und Titus als skrupelloser Machtmensch und Kriegsherr steht ebenso dafür. Es heißt bei der Belagerung Jerusalems seien mehr die Hälfte seiner Einwohner gestorben. Die Innere Stimme Titus´ spricht in dieser Deutung der Legende nicht mehr von Leid, sie ist selbst Leid geworden, ist somatisiert, wie Ärzte es nennen. Wie eine alte Volksweisheit weiß: "Wer nicht hören will muß fühlen." - Tatsächlich starb Titus 42jährig im Fieber: der typische Malariatod, übertragen durch die Mücke.


Das "Gut-Böse"

Die Mücke kann durch ihren Stich den Tod bringen, die Schlange aber bringt ihn durch ihren Biss gewiß. So gesehen ist die Mücke das "Kleinere Übel" dieser beiden Todesbringerinnen. In einem Märchen aus dem alten Römischen Reich hilft das "Kleinere Übel", die Mücke, einem Menschen gegen das "Größeren Übel", der Schlange:

Ein auf der Weide schlafender Hirte wäre von einer Schlange gebissen worden, hätte ihn nicht eine Mücke durch ihren Stich gerade noch rechtzeitig geweckt. Er schlägt die Mücke trotzdem tot. In der Nacht erscheint sie ihm im Traum und beklagt seine Tat. Er dankt ihr und errichtet ihr am nächsten Morgen einen Grabhügel.

Dieses Märchen entleert die tarditionelle Schublade von "Böse" - denn die Mücke hat "böse" gestochen, aber damit etwas "Gutes" getan. Ihr reflexhaftes Totschlagen durch den Hirten war aus ihrer Sicht dagegen "böse". Im Traum, wenn die Seele zu Wort kommt, erkennt der Hirte dies, er beerdigt die Mücke am Morgen. Der Grabhügel ehrt sie als zur Erde gehörig. Böse und Gut ist aus Sicht der Erde nicht linear, sondern ein Kreislauf ohne Anfang und Ende, der seine eingebetteten Pole als sich gegenseitig bedingend braucht, um überhaupt Lebensprozesse in Gang zu halten. Da der Hirte die Mücke beerdigt, hat er dieses Lebensprinzip der Polarität als Grundlage irdischen Daseins verstanden und ehrt es.

Die Frage eröffnet sich, was ist überhaupt von Übel, wenn alles nur aus der Spannung "Leben <-> Tod", oder ethisch betrachtet "Gut <-> Böse" heraus seine Existenz erlangt? Eine Antwort darauf gibt Mephisto in Goethes Faust I: "Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will, und stets das Gute schafft". Die Polarität ist nicht das Problem, sondern die kulturelle und persönliche Neigung einen der Pole nicht als Teil eines Entwicklungsprozesses zu erkennen und deshalb dogmatisch abzuwerten. Auch die Mücke hat ihren bös-guten Sinn.


Das Paradies

Ein malaisches Märchen erzählt, wie Mensch und Mücke zuerst Blutsbrüder waren, die dann zu Feinden wurden. Es geht auch hier um das Daseinsgesetz der Polarität und seiner Bewältigung:

Olombelona und die Mücke Rekehitsa mochten sich, und so schlossen sie Blutsbrüderschaft. Der Mücke schmeckte Olombelonas Blut ganz wunderbar, und sie erzählte dies anderen Mücken. Nun wollten alle Mücken vom Blut ihres Blutsbruders trinken, flogen zu ihm und baten ihn um dies einfache Mahl. Aber Olombelona schlief und hörte sie nicht. So flogen sie auf ihn und tranken von seinem Blut. Dadurch erwachte er und war wütend, dass sie ihn als Blutsbruder so behandelten. Er erschlug sie allesamt. Seither sind Mensch und Mücke Feinde, der Mensch schlägt sie tot, und die Mücken saugen sein Blut.

Dies Märchen erinnert an die alttestamentarische Erzählung vom verlorenen Paradies, in dem nur Eintracht und Liebe herrschte. Mit der Frucht vom biblischen "Baum der Erkenntnis" wurde den Menschen die Polarität irdischer Existenz bewußt; "Gut und Böse" entwickelte sich zur Sinn- und Machtachse der monoteistischen Religionen Judenzum, Christentum, Islam. In dem Augenblick, in dem der=die allmächtige Gott=Göttin in einen männlicher "Lieben Gott" und seinen ebenfalls männlichen Gegenspieler "Böser Teufel" aufgespalten wurde, ging das Paradies verloren, weil der Pol "Teufel", das heißt alles das, was nicht dem neuen "lieben Vatergott" zugeschrieben wurde, als das zu bekämpfende "Böse" galt. Es wurde mehr und mehr in den kollektiven seelischen Schatten verdrängt. Religiöse und ideologische Fundamentalisten jeder Art glauben immer noch, dass eine "Überwindung" des dunklen Pols physischer Existenz möglich sei. Ebenso glauben die sogenannten "Gutmenschen", dass eine einpoligen "gute" Welt, die es schon per Definition von "polar" gar nicht geben kann, zu realisieren sei. Wie die heutige Weltlage zeigt (April 2018) führt dieses Verdrängen des jeweiligen Gegenpols konsequent zum Gegenteil von paradiesisch. Aber das "Gute" daran ist, dass das zum "Bösen" erklärte sichtbar wird und so kulturell wie persönlich transformiert und integriert werden kann.

Nach der alten Erkenntnis "wie innen so außen, wie oben so unten" (Hermes Trismegistos), sie wird heutzutage das Resonanzgesetz genannt, werden besonders die Gegenden der Erde von Mücken und Malaria geplagt, die auch wirtschaftlich ausgebeutet werden, die "Blut verlieren". Aber nur von der "Schuld" der reichen Länder an dieser Situation zu sprechen ist verfehlt und ändert gar nichts, denn dieses Denken verdrängt die Selbstverantwortung der Betroffenen. Solange diese nicht Korruption, Gewalt, Abfall- und Hygieneprobleme und mehr als selbstgemacht und deshalb nur selbstheilbar erkennen und angehen, solange wird sich nichts ändern. Die Kankheiten übertragenden Mücken sind Teil des sichtbar gewordenen "Schatten" (C.G. Jung) dieser Kulturen. Der "Schatten" der reichen Länder zeigt sich in Bezug auf die krankheitsübertragenden Mücken in ihrer sich immer mehr als wirkungslos erweisenden Fixierung auf Chemie und Medikamente, statt die Umwelt in ihrer Gesamtheit mehr zu berücksichtigen, denn das wäre mit Konsum- und anderen Verzichten verbunden.

Den Traum von der Erde als Paradies, als Ort der Liebe, der "Blutsbrüderschaft" kann man aber auch tatsächlich als real gegeben betrachten, wenn man seine Perspektive auf die Polarität der Welt wechselt. Die indianischen Kulturen sind hier ein Vorbild: Alle Tiere sind für die Indianer und andere Indigenen Völker Geschwister der Menschen und damit "Blutsbrüder". Lachse und Büffel opfern sich aus Liebe zur Ganzheit, aus Hingabe an den Lebenszyklus von Leben-Tod-Leben-... Mückenlarven sind wichtige Proteinlieferanten für viele Vogel- und Amphibienarten und an den Flußmündungen ins Meer sogar für Wale. Mücken sind Teil des Ganzen. Und betrachtet man das Ganze statt einzelner Teile, so erkennt man in ihm ein bewundernswertes, vollkommen miteinander verbundenes Geschehen, das paradiesisch genannt werden kann, weil es sich als Ganzes liebt und durch stetiges neues Ausbalancieren am Leben erhält.


Stechmücken sind weiblich

Nur die weiblichen Mücken stechen und saugen Blut, weil sie diese Proteine für das Wachstum ihrer Eier brauchen. Ein Märchen aus Vietnam zeigt symbolhaft den Zusammenhang zwischen Mücke und Weiblichkeit auf existentieller Ebene:

Ein Bauer liebt seine Frau über alles, als sie stirbt gibt er sein Land auf, setzt sich auf ihren Sarg und schwimmt damit den Fluss hinunter. Unterwegs trifft er den Gott der Medizin, dieser hat Mitleid mit ihm und verrät ihm, mit drei Tropfen seines Blutes könne er sie wieder zum Leben erwecken. Er opfert ihr drei Tropfen und seine Frau erwacht vom Tod. Dann begegnen sie auf dem Fluß einem reichen Händler, dem die Frau gefällt. Er lädt sie auf sein Boot ein, sie verläßt ihren Mann und fährt mit dem Händler weiter. Der Bauer sucht sie lange, und als er sie findet will sie ihm nicht folgen. Da fordert er seine drei Bluttropfen von ihr zurück, die Frau gibt sie ihm und verwandelt sich dabei in eine Mücke. Nun sucht sie als Mücke unablässig ihren Mann, um sich diese drei Tropfen zurück zu holen.

Der Zusammenhang zwischen Blut und Frauen ist über das Menstruationsblut der Menschheit seit ältester Zeit bewußt. Dieses Märchen erzählt, dass Frauen vom Lebenssaft, vom Samen der Männer drei Tropfen brauchen, um das Leben zu erhalten, oder anders gesagt das Leben an neue Generationen weiterzugeben. Der Gott der Medizin formuliert dies Gesetz über das Bild des (Menstruations-)Blutes, das auch ein Mann spenden muß.

Das Märchen spricht auch über den Prozess, wie unerwiderte Liebe die Sicht eines Mannes auf eine Frau ändern kann: Einerseits liebt ein Mann (der Bauer) seine Frau und schenkt ihr Herz und Blut (drei Blutstropfen), aber andererseits kann er sie nicht besitzen (Frau verläßt Bauer zugunsten eines Kaufmanns). Das verändert alles für ihn. Psychologen sagen übereinstimmend, dass es für Männer viel schwerer seelisch zu verarbeiten sei, von einer Frau verlassen zu werden, als umgekehrt. Die Freiheitseinschränkungen der Frauen in patriarchalen Kulturen sprechen dazu Bände. Der dort übliche Jungfrauenkult zeigt ebenso, dass Männer Frauen keine Vergleichsmöglichkeiten lassen wollen, weil sie Angst haben in einem solchem schlecht abzuschneiden, und das heißt in diesen Kulturen Ehre zu verlieren, übersetzt "klein gemacht" zu werden. Männer, die (wie der Bauer) sich von Frauen ganz allgemein nicht begehrt und geliebt fühlen, werten Frauen sehr oft als gierige Plagegeister (Mücken) ab.


Der Tod

Im preisgekrönten Roman "Mal Aria" (Carmen Stephan, 2013) ist die Icherzählerin eine Mücke: der Mensch aus der Mückenperspektive, der Tod aus Mücken- und Menschenperspektiven.

Zum Einen wird im Roman über die Geschichte der Malaria und ihrer Bekämpfung informiert. Zu Anderen geht es um die Auseinandersetzung mit dem Tod, um den Prozess des Sterbens in Fieberwahn, Erinnerung, Rettungsversuchen, Hilflosigkeit, Isolation, Wut, Akzeptanz. Opfer wie Täter sind Mensch wie Mücke, die Ausweglosigkeit vor dem Tod ist beidseitig.

Zu Beginn fragt die Mücke: "Warum ist euer erster Impuls, uns zu töten? Werdet ihr so geboren? Ihr bezeichnet uns als Plage, als Eindringlinge in eure Welt. Habt ihr jemals überlegt, dass es andersherum sein könnte? Erinnert euch, der Mensch wurde am letzten Tag erschaffen. An manchen Orten war der Himmel schon so voller Mücken, dass kein Licht mehr durchdrang. Ihr seid eine lächerliche Zahl unserer Schwärme. Ihr seid die Eindringlinge in unsere Welt."

Die Sprache der Autorin ist von solch präziser Kraft, philosophischer Weisheit (Mücke) und gleichzeitig irrlichterndem Wahnsinn (malariakranke Carmen), dass ich noch einige Mückenzitate bringen möchte:

"Ihr glaubt eure Haut grenzt euch ab, sie sei der Schützengraben um euer Fleisch. Dabei ist sie der Ort eurer größten Verwundbarkeit. Ein kleiner roter Punkt, und der Tod ist drin." --- "Warmes Wirbeltierblut für die Eier. Ich muß zustechen, damit meine Kinder überleben. In meinem Inneren bewegt die unsichtbare Hand ein Programm, so wie es in ihrem Inneren (der malariakranken Carmens) geschehen würde." --- "Vielen der Geißeltierchen (der Malaria auslösenden Parasiten) gelingt es in die roten Blutkörperchen einzudringen, sie plündern, bis nichts mehr übrig ist. Die Frage war: wer läßt sie hinein? Wer gab ihnen den Code. Was wußten sie, was wir nicht wissen. Was in euch sagt Ja zu ihnen." --- "Jedes Glück, aber auch jedes Unglück beginnt mit einem Ja. Ja sagte ich zu ihrem (Carmens) Blut, Ja sagten ihre Blutzellen zu ihren Geißeln. Ja sagte sie zu ihrer Diagnose." --- "Wir (Mücke/Carmen) waren so eng miteinander verbunden, wie man es nur sein konnte, wir waren für unser restliches leben in einem Kreis eingeschlossen. Die Natur trennt nicht, sie verbindet, knüpft ihre Knoten wo sie kann, und sei es durch den Tod." --- "Aber ihr habt es ihnen (den Geißeln der Malariaparasiten) auch ermöglicht, mir, dem unfreiwilligen Dritten im Bunde, habt ihr die besten Bedingungen geschaffen. Ihr seid in die Wälder eingedrungen, habt sie gerodet und dabei eine Landschaft voller sonnenbeschienener Tümpel geschaffen, in der unsere Eier prächtig gedeihen. Ihr habt die Erde zu einem warmen Planeten gemacht, bald werden meine Schwärme sich wieder sehr viel weiter ausbreiten können." --- "Vielleicht kennt ihr den alten Spruch: Gott vergibt immer, der Mensch vergibt manchmal, die Natur vergibt nie. Ihr nehmt und nehmt und glaubt ernsthaft, es bliebe dabei. Ihr plündert die Natur, so wie euch die Geißeln plündern. Ist das nicht gerecht? Ihr verhaltet euch wie ein Parasit und ermöglicht dadurch einem anderen Parasiten eure Zerstörung. Die Welt ist voller Kreise. Ihr seht sie nur nicht. Sagt mir, wer schließt sie."

Zum letzten Zitat möchte ich eine Anmerkung machen: "Gerechtigkeit" ist ein kulturabhängiges Konstrukt. So gesehen kann die Natur gar nicht gerecht sein - sie ist konsequent. Man sagt, Konsequenz sei die beste Erziehungsmethode, nun, so bleibt die Hoffnung, dass "Mutter Natur" uns durch die Konsequenzen unseres Handelns zu Überlebensfähigkeit erzieht. Wir das Leid als Aufgabe begreifen, es vermeiden zu lernen.


Bewußtsein
Eine Schamanin spricht:

Viele von Euch glauben, es gäbe nur das menschliche Bewußtsein, da Ihr nur dieses kennt. In Wirklichkeit gibt es so viele Bewußseinsformen, wie es Daseinsformen gibt. Eure Intelligenz ist ein Tropfen im Meer der Intelligenz.

Jedes Sein erfährt sein Sein. Ein Atom ereignet sich, weiß sich in seinem Atombewußtsein in einem Raum der Energie. Ein Tier erlebt sich, weiß sich in seinem Tierbewußtsein in einer Welt der Sinne und Gefühle. Und die Erde gestaltet sich, weiß sich in ihrem Planetenbewutsein in ihren inneren und äußeren Mustern.

Mücke fordert von Euch Respekt vor allen Seelen, vor jedem Bewußtsein, denn auch ihre Mückenseele spiegelt Seelenanteile, die ihr ebenso in Euch tragt, so wie 50 Prozent eurer Gene auch Mückengene sind. Selbst mit einer Banane teilt ihr noch 15 Prozent eurer Gene. Ihr steht nicht außen vor, wie ihr oft meint, ihr steckt mitten drin im Lebens- und Bewußtseinsnetz. Und es trägt Euch.


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Stus Blog

Cornelia Savory-Deermann Cornelia Savory-Deermann

Cornelia
Savory-Deermann
, geboren 1945 in Wuppertal, hat seit 1971 Englische Bulldoggen. Seit Mai 2005 haben die Bulldogs hier ihr eigenes deutsches Weblog bekommen:

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Die Buchkapitel:

Inhalt

Einleitung

Tiere als Spiegel der Seele

Tiere als Sinnbild der Kultur

Bilder von Maggie M. Roe

1. Adler
2. Bär, Bärin
3. Biber
4. Biene
5. Delphin
6. Esel
7. Eule
8. Falke
9. Fisch
10. Fledermaus
11. Frosch, Kröte
12. Fuchs
13. Gans
14. Hase
15. Hirsch
16. Huhn, Hahn
17. Hund
18. Katze, Kater
19. Krebs
20. Kuh, Stier
21. Maus
22. Möwe
23. Mücke
24. Muschel
25. Otter
26. Pferd
27. Rabe
28. Ratte
29. Reh
30. Schaf, Widder
31. Schildkröte
32. Schlange
33. Schmetterling
34. Schwan
35. Schwein, Eber
36. Seehund
37. Spinne
38. Storch
39. Taube
40. Wal
41. Wolf
42. Ziege, Z-Bock

Literatur-Verzeichnis




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