Tiere als Spiegel der Seele und Sinnbild der Kultur
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Otter


Zum Symbol, zum Sinnbild gewordene Eigenschaften

  • Der Otter lebt in wasserreichen Gebieten. Er ist sehr klug, neugierig und stets aktiv. Seine immer irgendwie geschmeidig runden Bewegungen und seine Familientreue machten ihn zum Symboltier weiblicher Erotik und Mütterlichkeit.
  • Er steht aber auch für sanfte und empathiefähige Männlichkeit, man kann sagen als Gegenentwurf zum alten Macho-Typ. Ebenso symolisiert er das Innere Kind in seiner quicklebendigen, verspielten und Geselligkeit suchenden Lebensfreude.
  • Der Otter wurde seines Felles wegen in Europa weitgehend ausgerottet. Heute laufen Wiederansiedlungsbemühungen, die aber oft schwiegig sind, denn der Otter braucht natürliche, saubere Wasserläufe. Er ist zum Symboltier des wiedererwachten Bewußtseins für die Bedeutung naturbelassener Landschaft geworden.


Der weibliche, männliche, kindliche Otter

Der Name Otter leitet sich von der indog. Silbe "ud"= "zum Wasser gehörig, nass" ab. Er wird manchmal auch Fischotter genannt, denn er ernährt sich überwiegend von diesen. Als Wasserwesen steht er in engem Zusammenhang mit der Gefühlswelt. In diesem Sinne steht er, und das ist das Besondere an seiner Wirkung auf uns Menschen, mit seinen verschiedenen Verhaltensweisen sowohl für weibliche, als auch männliche und kindliche Qualitäten. Er steht dadurch für eine Seelenkraft, die zu Balance und Ganzheit verhelfen kann.

In seinen eleganten, wendigen und oft tänzerischen, welligen Bewegungen wird er früher wie heute als schön und bezaubernd geschmeidig, eben als weiblich erlebt. Er ist ein auf seine Familie bezogenes Tier, der Familienverband ist für ihn so wichtig wie für Rudeltiere. Deshalb kann man ihn auch als Haustier halten, solange man ihm Schwimm-Möglichkeiten bietet. Er ist aber auch ein Wanderer, ein Wasserwanderer im Besonderen. Er erobert gerne neue Lebensräume, ist neugierig, abenteuerlustig und klug. In diesem Sinne findet man ihn heutzutage häufig als Kamerad, als Freund von Männern und Jungen in Geschichten und Filmen. Er verkörpert bei aller Abenteuerlust eine Männlichkeit, die mehr "König der Kelche" als "König der Schwerter" ist. Das entspricht unserem postmodernem Männerbild: Männer können heute auch Babys versorgen, und "Schwerter zu Pflugscharen" ist ein geflügeltes Wort geworden.

Der Otter ist sehr verspielt und so bewegungsfreudig, wie Kinder es sind. Er scheint immer in Bewegung zu sein und sich stets an gemeinsamen Wasserspielen mit anderen Ottern zu begeistern. Sie in einer Aufzucht- und Auswilderungsstation zu beobachten erinnert an das bunte Treiben auf einem Kinderspielplatz. Dieser Symbolaspekt des Kindlichen im Otter wird heutzutage bevorzugt in neu kreiierten Märchen genutzt, in denen Kinder die Helden sind. Ebenso wird der Otter in populär gewordenen Krafttier-Kartensets, die ihre Wurzeln in alten schamanischen Traditionen haben, stets auch als Symbol des archetypischen Inneren Kindes interpretiert. Und im Inneren Kind verbirgt sich immer wieder Zukunft und Chance.


Anima als Otter

Es gibt kaum alte Märchen über Otter im Europäischen Raum, anders bei den Indianern. Ein schönes Otter-Märchen des Seneca-Stammes (www.maerchenbasar.de) erzählt davon, wie ein junger Mann Medizinmann wird, und wie er auf seinem Weg dorthin zunächst seine eigene Männlichkeit mit Herz zu erfüllen lernt. Der Otter ist ein Aspekt Animas, der hilft und führt:

Im Monat des Langen Schlafes schneite es viele Tage und Nächte lang dichte Flocken. Der Schneesturm hatte alle Wildfährten verweht und das Wild selbst hatte sich in schützende Höhlen zurück gezogen. Im Dorf herrschte Hunger. Die Jäger fanden keine Beute, sogar die Wölfe hungerten. Da holte der Medizinmann des Dorfes, Dadahwat, seinen Medizinbeutel, in dem ein Jagdzauber verborgen war. "Wenn ihr den Medizinbeutel berührt", sagte er den Jägern des Dorfes, "werdet ihr noch vor Einbruch der Nacht eure erwählte Beute erlegen. Aber ihr dürft den toten Tieren nicht ihr Herz zum Essen heraus nehmen, denn dann wäre der Zauber verloren." Der Häuptling berührte den Medizinbeutel als erster, er wünschte sich einen Bären zu erlegen. Als letzter der Jäger berührte Skagedi den Zauberbeutel, er wünschte sich als Beute einen Luchs. Vor Anspannung konnte er nicht schlafen und wagte sich noch bei Nacht, vor allen Anderen, in den tosenden Schneesturm hinaus. Der Zauber wirkte, er stieß sogleich auf einen Luchs, der gerade zwei junge, noch lebende Fischotter zu Boden drückte. Als die Otter Skagedis leisen Schritt hörten, sahen sie ihn flehentlich an, und ihr Blick berührte sein Herz. Er erschlug den Luchs und freute sich mit den Ottern, als sie glücklich in ihre Freiheit liefen.

Dann verspürte Skagedi wieder seinen beißenden Hunger, er vergaß alles und aß das Herz des Luchses sogleich auf. Er hoffte niemand würde davon erfahren. Aber die Zauberkraft des Medizinbeutels war verschwunden, alle Jäger des Dorfes kamen erfolglos von der Jagd zurück. Der Dadahwat erkannte am Rest des Luchses, dass dessen Herz fehlte, und dass Skagedi den lebenrettenden Jagdzauber zerstört hatte. Der Dadahwat fällte das Urteil, dass alle bis auf Skagedi in andere Jagdgründe weiterziehen würde. Aber Skagedi blieb ohne Kleider und ohne Nahrung im Dorf zurück, er nahm das Urteil an. Nur die junge Wie war traurig über dies alles. Skagedi lausche in den Sturm und in sich selbst hinein, und dann vernahm er eine Stimme "Skagedi, wenige Schritte von hier hält sich in einer Felsenhöhle ein Bär verborgen. Geh und töte ihn, dann bist du gerettet". Am nächsten Morgen fand er die Höhle und tötete den Bären. Sein Fleisch nährte und sein Pelz wärmte ihn. Er hörte die Stimme wieder "Morgen kommt dich Wie besuchen. Sag ihr, sie möge die Dorfbewohner zur Rückkehr bewegen. Und dem Dadahwat lass ausrichten, er solle dir verzeihen, du könntest deinen Sack mit der Wundertkraft zurückgeben." Skagedi suchte seinen Retter, fand aber niemanden. Dann geschah es, wie die Stimme gesagt hatte. In der nächsten Nacht kam die Stimme wieder "Skagedi. Wenn der Dadahwat kommt, nimmst du seinen Beutel in beide Hände. Dann fragst du die Jäger einen nach dem anderen, was sie erjagen möchten. Dabei machst du den Beutel jedesmal auf, und immer wird ein starker Bär, ein leichtfüßiger Hirsch oder ein Schneehase herausspringen, kurz und gut, jedes beliebige Tier, dass sich die Jäger wünschen. Du selber darfst keinen Wunsch aussprechen. Nimm, was in dem Beutel zurückbleibt und bringe es mir in meinen Wigwam. Wo der ist, brauche ich dir nicht zu sagen, denn wenn du mir gehorchst, findest du den Weg von selbst." Skagedi machte es so, wie die Stimme gesagt hatte, dann kam er auf den Grund des Beutels und fand für sich eine Otterpfote. Er steckte sie ein machte sich auf die Suche nach seinem Otterfreund.

Schließlich fand Skagedi eine kleine Hütte, in der ein sein Freund, der Otter seine Fischreste liegen gelassen hatte. Als er die Pfote dazu gelegt hatte, verwandelte sich die Hütte in einen See und er hörte er seinen Namen rufen "Skagedi. Du hast meine Kinder aus den Krallen des Luchses befreit. Zum Dank dafür wird Medizinbeutel für immer seine Zauberkraft behalten. Die Pfote, die du mir gebracht hast, gehörte einst mir. Merke dir aber, dass ihr keine Otter fangen dürft, wenn ihr euch meine Gunst erhalten wollt." Skagedi sah den Otter nicht, aber statt dessen Wie. Er lief voller Freude zu ihr und erzählte ihr alles über den Otter und später auch allen im Dorf. Seitdem kam es nie wieder vor, dass die Dorfbewohner hungerten.

In diesem Märchen geht es auf einer Ebene um die faktische Wirklichkeit schaffende Kraft der Seele. Es erinnert an die alten Europäischen Märchen, die mit dem Satz beginnen "In der Zeit, als Wünsche sich noch erfüllten,.." Heute wird dieses Denken durch die Erkenntnisse der Quantenphysik wieder populär, dass Absichten und Glaubenssätze Wahrscheinlichkeiten zugunsten einer bestimmten Wirklichkeit beeinflussen. Es wird hier auch gelegentlich von "self fulfilling prophecies" gesprochen. Dieser Prozess findet im obigen Märchen im Berühren des Medizinbeutel sein Bild, und so gesehen kann jeder sein eigener Medizinmann werden.

Auf einer zweiten Ebene erzählt dies Märchen, wie die Seele zu solch wirklichkeitsschaffender Kraft gelangen kann. Zum Einen glauben Skagedi und alle anderen Jäger an diese Kraft des Medizinmannes und seines Medizinbeutels. Den Medizinmann kann man in diesem Zusammenhang als das Höhere Selbst, und den Medizinbeutel als die Kraft von trance- und bildschaffenden Ritualen interpretieren. Zum Anderen wird im Märchen eine Bedingung, von der Scheitern und Gelingen abhängt: das Herz muß "am rechten Platz sitzen" (darf nicht herausgenommen und gegessen werden). Was heißt das?

Dies schöne Märchen läßt sich sehr gut archetypisch verstehen: Nur drei Personen werden im Märchen namentlich hervor gehoben, sie sind die innerseelischen Gestalten, um deren Entwicklung und Zusammenwirken es geht. Dadahwat steht für das Selbst, Skagedi für den Animus und Wie für die Anima. Es geht um das Erwachsenwerden des Animus in einem jungen Mann. In ihm (Skagedi) dominiert zunächst noch sein unentwickelter Animus (geht ungeduldig zur Jagd), dieser beherrscht seine Persönlichkeit, sein Selbst (gehorcht Dadahwat nicht). Seine Gefühle sind selbstbezogen (raubt dem Luchs das Herz und ißt es roh), er agiert herzlos, man kann auch sagen er entherzt seinen Animus (den Luchs) durch seine mangelnde Impulskontrolle. Seine Anima dagegen zeigt ihre volle Stärke (er rettet die Otterbabys).

Ein noch roher, unentwickelter aber dominierender Animus bringt nicht nur den Mitmenschen Leid (alle Jäger des Dorfes verlieren ihr Jagdglück), sondern dem Menschen selbst ebenso (als Konsequenz friert und hungert Skagedi einsam). Rettung und Erlösung erwächst aus der Kraft seiner Anima (innere Stimme in Gestalt des Otter). Sie zeigt ihm den Weg (verrät ihm die Bärenhöhle) zu einem erwachsenen Animus (Bären), der nicht mehr herzlos agiert. Der junge Mann folgt seiner Anima (entfernt dem Bären nicht das Herz), sein gereifter Animus (er trägt das Bärenfell) erkennt seine Herzlosigkeit und bereut. Durch sein so geheiltes Selbst erlangt er Respekt (Dorfbewohner kommen zurück zu ihm) und lebensgestaltende Kraft (wird selbst Medizinmann, der den Medizinbeutel rchtig einsetzten kann). Der gereifte Animus im jungen Mann verspürt die Sehnsucht (Otterpfote) sich in Liebe mit seiner Anima (Otter) zu verbinden. Eine junge Frau (Wie) erfüllt ihm diesen Wunsch auf der Realitätsebene. - Damit sind wir wieder auf der ersten Interpetrationsebene dieses Märchens: die Seele hat wirklichkeitsschaffende Kraft erlangt.


Der Otter und der Aquarius-Mann

Der Otter ist verspielt, aber auch ein Wanderer, ein Wasserwanderer im Besonderen. Er erobert gerne neue Lebensräume, ist neugierig, abenteuerlustig und klug. Er spielt wie ein Hund mit Bällen und Stöckchen und schließt gerne Freundschaft mit Menschen und anderen Tieren. Er liebt Nähe und ist verschmust. In Filmen spielt er häufig die Rolle des Freundes eines Mannes oder Jungen in einer Lebenskrise.

In der humorvollen Verfilmung mit Dokumentarfilmcharakter über ein Otterleben (YouTube: "Mein Freund der Otter") des autobiografischen Buches "Im Spiel der hellen Wasser" von Gavin Maxwell (1960) spielt der Otter Mijbil die Rolle des Alter Ego eines Mannes in seiner Midlife-Crisis. Es geht um die Bewältigung der Lebens- und Sinnkrise eines 40jährigen Londoner Verwaltungsmannes, der sich in Stadt und Büro nur noch eingesperrt und leer fühlt. Täglich kommt er auf seinem Weg zur Arbeit an einer Zoohandlung vorbei, in der ein Otter - auch eingesperrt - hinter der Schaufensterscheibe darauf warten muß verkauft zu werden. Otter und Mensch verbindet dieses Schicksalsband sinnzerstörender Unfreiheit. Der Mann kauft den Otter in dem Augenblick, als ein Zirkusmann beschließt ihn zu erwerben - und rettet ihn so. Wie der Film im weiteren Verlauf zeigt, rettet er damit auch sich selbst.

Ein Otter ist natürlicherweise immer in Bewegung, er stellt in seiner Neugier wie im Spiel die ganze Wohnung des Mannes auf den Kopf... es sind zum Haareraufen komische Szenen. So geht es nicht weiter. London muß verlassen werden. Der Mann kauft für sich und Mijbil eine verlassene und ziemlich verfallene Hütte an Schottlands einsamer Küste. Mit seinem als Hund deklarierten Otter fahren beide mit der Eisenbahn - bis sie aus dem Zug wegen Mijbil entschlossener Erkundung fremder Taschen und Jacken rausgeschmissen werden - und dann mit einem Bus weiter nach Schottland und beziehen diese Hütte in wundervoller wilder Natur. Beide blühen auf in dieser Freiheit und richten sich in ihrem jetzt so schlichten und einsamen Leben ein. So lernen beide ihre Tage gemeinsam in Ruhe und Geduld, mit Herz und mit der Arbeit an der alten Hütte sowie mit Fischfang sinnvoll und selbstbestimmt zu gestalten. Sie finden sich selbst und ihren Lebenssinn als Spiegel für einander. Die Ärztin des nahegelegenen Dorfes und ihr Hund Jonny freunden sich mit den beiden an, es wächst Hoffnung auf eine erfüllte Liebe.

Entscheidend zum Verständnis der inneren Entwicklungsprozesse in dieser Erzählung ist eine Szene, in welcher der Mann die Ärztin und ihren Hund Jonny zu Mijbil´s Geburtstagsfeier einlädt, und zwar für den "21. Januar, dem ersten Tag seines Geburtssternes: Aquarius". Er wählte dieses Datum als Geburtstagsdatum für den Otter sicher bewußt, weil es die Geburt des neuen Menschen des Wassermannzeitalters bedeutet. Der Otter ist sein Alter Ego als solch ein "Wassermann-Mann", ein freier, künstlerischer, sanfter, sich in der Natur und in sich selbst wieder lebendig fühlender und liebesbereiter Mann.


Jeder trägt Verantwortung

Der Otter ist ein Tier, das in seiner verspielten Liebenswürdigkeit Kinder sehr anspricht. Besonders im englischsprachigen Raum gibt es richtig viele Kinderbücher mit dem Otter als Hauptfigur. Als bedrohte Tierart, die einst ihres wundervollen Felles wegen fast ausgerottet wurde, ist der Otter als Identifikationsfigur besonders für Kinder sehr geeignet, ihnen den für ihre Zukunft so bedeutenden Naturschutz ans Herz zu legen, so wie im Kinderfilm "Der verzauberte Otter" (Sven Severin, Buch (2008) Reinhard Günzler).

Die Hauptfigur ist Benny, der neu in einer Stadt in Thüringen ist, und da er noch keine Freunde dort hat, stromert er durch die Natur. An einem See findet er einen verletzten Otter, der von anderen, gehässigen Kindern gejagt wurde. Benny versteckt sich vor diesen Kindern mit dem Otter in einer Hütte und schläft dort die Nacht bei ihm. Er hört in dieser Nacht seltsame Geräusche wie von einem Kobold. Er und seine Mitschülerin Constanze, die sich im Tierschutz engagiert, wollen am nächsten Tag dem verletzten Otter gemeinsam helfen. Als sie am See nach ihm suchen, beobachten sie, wie ein Kobold den Otter in die Hütte trägt - aber der Otter ist tot. Der Kobold verspricht, den Otter wieder zum Leben zu erwecken, wenn sie den an seinem Tod Schuldigen innerhalb der Zeit finden, in der seine Sanduhr abläuft.

Benny und Constanze haben die Kinder im Verdacht, welche den Otter jagten. Der Vater eines dieser Jungen ließ nämlich heimlich Gülle in den See ab. Mit Hilfe einer Zauberflöte locken sie den Jungen zum Kobold, der Junge gibt schließlich das Gülleablassen im See zu, aber der Otter bleibt tot. Bald darauf finden Benny und Constanze am Ufer alte Batterien, eine hatte der Otter verschluckt, und er ist an der Säure darin gestorben. Benny erschrickt, denn er selbst hatte die Batterien gedankenlos dort am See weggeworfen. Er gesteht seine Schuld dem Kobold ein und der Otter erwacht wieder zum Leben.

In diesem Fantasy-Film wird die kritische Situation der Natur sehr deutlich gemacht. Die Zeit zu ihrer Rettung läuft ab (Sanduhr). Aber nur wenige Menschen kümmert das (nur Benny und Constanze). Viele dagegen (die gehässigen Kinder und der Güllebauer) zerstören einfach weiter (jagen und verletzen den Otter, verschmutzen den See). Deshalb müssen die Wenigen (Benny und Constanze) sich mit allen Mitteln der Publizistik (Zauberflöte), dafür einsetzten, dass sich alle der kollektiven Schuld an der Naturzerstörung bewußt werden (Junge gesteht die Gülleverseuchung des Wassers durch seinen Vater). Das reicht aber noch nicht, denn jeder (auch Benny selbst) trägt irgendwie zur weiteren Zerstörung bei. Das muß sich jeder Mensch klar machen und achtsam sich selbst beobachten - dann ist Rettung gegeben (Otter wiedererwacht zum Leben). Er muß auf seine Innere Stimme (Nacht in der Hütte; Kobold) und auf die Stimme der Natur (Kobold) horchen und ihr gehorchen.


Offenbarung alten Wissens

Ein zauberhaftes Märchen "Vom Mädchen, das übers Wasser ging" (Barbara Frischmuth, 1996) erzählt von einem einsamen Otter, der an einem renaturierten Fluß lebt. Er stammt aus einer Aufzuchtstation, kommt aber mit der neuen Freiheit zurecht, denn er findet genug Futter, aber ihm fehlen andere Ottern, er ist einsam. Die anderen Tiere am Ufer, wie Kröte, Reiher und Schlange verstehen es nicht mit ihm wie ein Otter zu spielen und Schabernack zu treiben. Die Kröte rät ihm zu Geduld, bis der Fluß wieder so wie früher mit viel Leben erfüllt sein würde. Otter zeigt sich vernüftig und wartet weiter.

Eines Morgens sitzt ein Mädchen am Flußufer und weint so bitterlich, dass alle Tiere Mitgefühl empfinden und sich um sie reihen. Otter vermutet, sie weine weil sie auch einsam sei. Er nähert sich ihr, er berührt ihren Rücken und das Mädchen entspannt sich. Seine Tränen versiegen langsam, Otter legt seinen Kopf auf ihr Knie, das Mädchen lächelt ihn an und streichelt ihn. Kröte sagt "sie scheint von der alten Art zu sein, von der Art, die in guter Nachbarschaft mit den Tieren lebte". Mit einemmal kommen mit Stöcken und Steinen bewaffnete Kinder - dem Mädchen wild drohend - ans Ufer. Sie geht wimmend ins Wasser, Otter ist klug und weiß, was sie vorhat. Er schiebt sich unter ihre Füße und schwimmt mit ihr auf seinem Rücken in den Fluß hinaus. Das Mädchen scheint auf dem Wasser zu gehen, sie hält eine Schlange in der Hand und bunte Schmetterlinge umschwirren wie eine Gloriole ihr Haupt. Die Kinder am Ufer erstarren, sie lassen ihre Stöcke und Steine fallen vor diesem Wunder. Sie schämen sich tief.

In Märchen spielen oft Tiere das Alter Ego eines Menschen, in diesem Märchen ist das genau so - aber zugleich erscheint ein Mensch, das Mädchen, als das Alter Ego eines Otter. Die Sicht des Otters ist im Buch sogar die dominante. Otter und Mädchen leiden an Einsamkeit. Otter und Mädchen leiden unter der bewaffneten Rohheit und Aggressivität des Menschen (Kinderhorde/ Naturzerstörung). Anima (Mädchen=Natur) wird bekämpft und in den Schatten, in die Isolation innerhalb der eigenen Kultur und der eigenen Psyche gedrängt.

Aber es gibt Hoffnung: der Fluß wurde vor Kurzem renaturiert, und das Mutter-Erdentier Kröte rät zu Geduld mit den Selbsterneuerungskräften der Natur und damit auch mit denen im Menschen. Das Mädchen erscheint als die Anima des Otters, als Inkarnation des Wassers selbst - und auch als die Anima der Kinderhorde. Als ewig junge Seele der Natur, getragen vom Geist der fließenden Wasser, dem Otter, "geht sie auf dem Wasser" wie eine heilige Erlöserin. Sie zeigt sich übermächtig und strahlend, es geht gar nicht anders, sie wird wieder in das bewußte Selbst intergriert: die Kinder schämen sich ob ihrer Mißachtung dieser heiligen Macht.

Die Seele, die Anima der Natur und der Tiere erscheint hier gleichzeitig als die verdrängte Anima der Menschen. Wird den Menschen wie den Kindern im Märchen offenbar, dass sie selbst ein Seelenanteil der Natur sind, dann schämen sie sich dies vergessen zu haben. Der Otter ist hier sogar wörtliche der "Seelenträger", der Symbolträger des wiedererwachenden alten Wissens des Menschen, selbst Natur zu sein.


Über Menschen lernen
Oskar, der Seeotter, liebt Menschen:

Zoologisch gehört der Otter und sein großer Vetter, der Seeotter, zur Familie der Marder (der "Mörder"), aber im Gegensatz zu den auch Marder genannten Mardern wird er als klug, neugierig, freundlich, anhänglich, liebenswürdig, fürsorglich und sanftmütig geschätzt.

Vor einigen Jahren erlebte ich im Hafen von Valdez, Alaska, die Freude mit der sich Oskar, ein schäferhundgroßer wilder Seeotter, von den Touristen bewundern ließ. Er lag auf dem Rücken treibend zwischen den kleinen Touristen-Ausflugsbooten, hielt einen Stein auf seinem Bauch fest, spielte damit herum und beobachtete uns genau dabei. Er fand uns offensichtlich interessant. Die Seeleute nannten ihn Oskar - man kannte sich.

Welche von seinen Vorführungen uns besonders gefiel, die wiederholte er gerne, denn er verstand unsere Reaktionen wie Lachen oder Händeklatschen völlig richtig. Faßrolle im Wasser zu drehen, das gefiel uns besonders gut :-) Gelegentlich tauchte er auch ab, kam mit Muscheln, die er von den Haltepfählen des Steges pflückte wieder hoch, zerschlug sie mit seinem Stein auf seinem Bauch und verspeiste sie mit seinen putzigen kleinen Händen, er wußte um seinen Erfolg mit dieser Vorführung. Ich war begeistert, er sah auch noch dazu mit seinem Schnurrbart und den Kulleraugen wunderschön aus. Dazu ist wichtig zu wissen, die Menschen fütterten ihn nicht, an totem Fisch hatte er auch gar kein Interesse, wie die Seeleute erzählten. Er ernährte sich selbst, hielt sich auch immer gerne bei seiner Otterfamilie auf, bis er wieder Spaß und Lust auf Menschenbeobachten bekam.

Oskar war die beste Werbung für den Otterschutz, die ich ich mir denken konnte. Er mochte Menschen, und sie ihn ebenso. Seine Botschaft war klar: "Lernen wir uns kennen!" Ja, lernen wir die Tiere besser kennen, dann lernen wir uns auch selbst besser kennen und uns mit ihnen - und untereinander - zu (v)ertragen."


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Cornelia Savory-Deermann Cornelia Savory-Deermann

Cornelia
Savory-Deermann
, geboren 1945 in Wuppertal, hat seit 1971 Englische Bulldoggen. Seit Mai 2005 haben die Bulldogs hier ihr eigenes deutsches Weblog bekommen:

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Die Buchkapitel:

Inhalt

Einleitung

Tiere als Spiegel der Seele

Tiere als Sinnbild der Kultur

Bilder von Maggie M. Roe

1. Adler
2. Bär, Bärin
3. Biber
4. Biene
5. Delphin
6. Esel
7. Eule
8. Falke
9. Fisch
10. Fledermaus
11. Frosch, Kröte
12. Fuchs
13. Gans
14. Hase
15. Hirsch
16. Huhn, Hahn
17. Hund
18. Katze, Kater
19. Krebs
20. Kuh, Stier
21. Maus
22. Möwe
23. Mücke
24. Muschel
25. Otter
26. Pferd
27. Rabe
28. Ratte
29. Reh
30. Schaf, Widder
31. Schildkröte
32. Schlange
33. Schmetterling
34. Schwan
35. Schwein, Eber
36. Seehund
37. Spinne
38. Storch
39. Taube
40. Wal
41. Wolf
42. Ziege, Z-Bock

Literatur-Verzeichnis




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