Der Übersetzer

(c) Stuart Savory, 1985

Jock MacDonald hatte einen schwierigen Beruf. Er war Eil-Übersetzer für die Tagesschau um 20 Uhr. An manchen Tagen glaubte er schier zu verzweifeln, so vielfältig waren die Mehrdeutigkeiten und so kurz die Zeit. Und er war sich nie sicher, ob er alle Mehrdeutigkeiten erkannt, geschweige denn, die ursprüngliche Meinung des fremdsprachlichen Autors richtig wiedergegeben hatte.

So wie heute. Kurz nach halb acht wurde ihm ein Zitat vom US-Präsident in Englisch vorgelegt: "Time flies like an arrow." Er überlegte angestrengt zehn Minuten lang und schrieb: "Stoppe Fliegen, wie Du einen Pfeil stoppen würdest!"

Dann, nach fünf Minuten weiterer Gedanken, strich er dies einfach durch und schrieb irritiert: "Stoppe Fliegen, wie ein Pfeil sie stoppen würde!"

Nach weiteren zehn Minuten tiefen Grübelns wurde er verärgert, strich diesen Satz doppelt durch und kritzelte eiligst auf das Blatt: "Zeitfliegen mögen einen Pfeil."

Es war jetzt drei Minuten vor acht. Plötzlich rot vor Wut, strich er auch diesen Satz dreifach durch, denn sein Unterbewußtsein sagte ihm, es gäbe noch eine vierte, ihm noch versteckte Bedeutung. Aber in nur zwei Minuten war Sendung und er kam und kam nicht auf die vierte Bedeutung. Und die Zeit eilte ihm pfeilschnell davon.....


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